Zwischen Chemnitz und Burgstädt: Teil II „Bf Küchwald“

Nach gut drei Streckenkilometern und nach Queren der in Teil I vorgestellten „Klapperbrücke“ wird bei km 58,55 KC der Bahnhof Küchwald erreicht. (Fälschlicherweise wird in Texten auch häufig der Zusatz „Chemnitz-“ vorangestellt.) Namensgebend ist der im Westen an die Bahnanlagen anschließende Wald, welcher bereits zu Beginn des 20. Jahrhunderts in eine große Parkanlage umgestaltet worden ist. Bekanntheit hat der Küchwald bei der heimischen Bevölkerung als Naherholungsgebiet und darüber hinaus u.a. als Heimat des Kosmonautenzentrums, der Chemnitzer Parkeisenbahn und der mittlerweile wieder aufblühenden Freilichtbühne.

Der Bahnhof Küchwald entstand im Zuge der Umgestaltung des heutigen Chemnitzer Hauptbahnhofs und der Errichtung des Hilbersdorfer Rangierbahnhofs, ebenfalls um das Jahr 1900 herum. Er fungierte als nördlich vorgelagerter Trennungsbahnhof für Güterzüge. Mit der Inbetriebnahme des Rbf Hilbersdorf wurde ab 1902 der Güterverkehr über die in Teil I zu sehende Verbindungsbahn (KCCh-Linie) von der eigentlichen KC-Linie getrennt. Die Personenzüge fuhren weiterhin wie gehabt über die „Klapperbrücke“ zum Hauptbahnhof durch. Außerdem zweigten ab 1902 bzw. 1903 die neuen Strecken nach Wechselburg(- Rochlitz) und Obergrüna(- Wüstenbrand) am Nordkopf des Küchwald-Bf ab. In seiner Blütezeit verfügte der Bahnhof über 10 parallele Gleise (Gleis 1 und 2 sind die Streckengleise der KC) und drei Stellwerke. Eine gewichtige Zäsur in der Geschichte der Betriebsstelle ist die Errichtung des Heizkraftwerkes Nord (I) in unmittelbarer östlicher Nachbarschaft (Inbetriebnahme im Jahr 1961). Der östliche Teil des Bahnhofes wurde einer Anschlussbahn des Kraftwerks einverleibt und teilweise umgebaut und erweitert (u.a. mit Werklokschuppen, Waage und Auftauschuppen). Durch Rationalisierungsmaßnahmen in den 1960er Jahren verlor der Bahnhof die drei Gleise 4-6, wodurch ein Stellwerk entbehrlich wurde. Die Ausfahrgruppen waren bis in die späten 1980er Jahre teilweise mit Formsignalbrücken ausgestattet. 1991 ging nach mehrjähriger Bauzeit ein modernes Befehlstellwerk (GS III Sp68) in Betrieb und ersetzte die beiden noch in Betrieb befindlichen Stellwerke. Für die Anschlussbahn zum HKW Nord wurde außerdem ein Rangierstellwerk errichtet. Alle Signale wurden auf Hl (seinerzeit moderne Lichtsignale) umgestellt. Mittlerweile hat der Bahnhof nur noch Bedeutung für das Heizkraftwerk und als Überleitstelle für die KC in den eingleisigen Abschnitt nach Chemnitz Hbf. Alle abzweigenden Nebenbahnen wurden amputiert und 2006/08 erfolgte der Rückbau der Gleise 3 und 7 und (einst) wichtiger Gleisverbindungen. Nur die Wechselburger Strecke existiert noch als Anschlussbahn im Chemnitzer Stadtgebiet für das HKW Nord II, welches 1986 in Betrieb ging. Dieses verfügt auch weiterhin über den „oberen Anschluss“, direkt am Südkopf des Küchwald-Bf, welcher zum Entladebunker für Kohle- und Kalkzüge führt. Das ursprüngliche HKW Nord I wurde 1997 stillgelegt und bis 2004 abgerissen. Weitere Informationen folgen in den Bildunterschriften.

Im März 1986 gab es noch „Plandampf“ in Küchwald. 50 3616 ist mit einem leeren Kesselzug aus Hartmannsdorf auf Gleis 7 eingetroffen und wartet nun auf den Abfahrauftrag in Richtung Hilbersdorf. Im Hintergrund ist Stellwerk 3 zu sehen. Bilder von diesem Stellwerk sind sehr rar. Es wurde mit der Inbetriebnahme des neuen Befehlsstellwerks (B1) ab 1991 überflüssig und abgerissen.
An der Stelle, wo heute das Rangierstellwerk 2 der Anschlussbahn steht, befand sich ca. zwischen 1961 und 1988 der erste Auftauschuppen. Er konnte nur fünf Wagen gleichzeitig aufnehmen. Lok Nr. 1 zieht den entleerten Kalkzug aus dem oberen Anschluss des HKW Nord II (03.11.2013). Etwa im Bildvordergrund stand 50 3616 auf dem mittlerweile abgebauten Gleis 7 (s. Bild oben).
Bis 1992 waren auf der Anschlussbahn auch noch zwei Dampfspeicherloks Typ Meiningen vorhanden. Am 13.06.1992 wurde Lok Nr. 7 während eines „Tages der offenen Tür“ verabschiedet. Sie stand, wie auch 38 205, die werkseigene V100 und die ebenfalls zu verabschiedende N4b zu Führerstandsmitfahrten bereit.
Um die Kohlezüge auch in der Frostperiode problemlos entladen zu können, wurde Ende der 1980er Jahre ein neuer längerer Auftauschuppen errichtet. Lok Nr. 3 zieht aus diesem am 19.12.2003 einige frisch aufgetaute Kohlewagen. Der Kalkzug wurde in dieser Zeit unüblicherweise aus tschechischen „Zwiebelwagen“ gebildet.
232 411 hatte am 07.04.2004 einen Ganzzug Staubbehälterwagen für die Ascheentsorgung nach Küchwald gebracht. Sie setzt über Gleis 3 um. Dieses ehemals durchgängige Gleis von Wechselburg/Wüstenbrand in Richtung Rbf Hilbersdorf wurde damals nur noch selten genutzt. Rechts sind die beiden Streckengleise der KC mit der 1991 errichteten Signalbrücke zu sehen. Der Niveauunterschied zwischen Gleis 2 und 3 macht deutlich, dass es am Südkopf keine Verbindung der KC-Linie mit dem übrigen Bahnhof gibt.
Gleiche Stelle am 15.10.2014. Gleis 3 wurde im Oktober 2006 gekappt und Anfang 2008 zurückgebaut, einschließlich den beiden Ausfahrsignalen. Anschließend wurde ein Kabelkanal auf dem Gleisplanum verlegt.
Das alte Befehlstellwerk 1 befand sich am Nordkopf in Insellage östlich von Gleis 3. Am 16.09.1990 steht die Ablösung im Hintergrund schon kurz vor der Fertigstellung. 50 3616 eilt mit einem Personenzug aus Rochlitz heran.
Die selbe Stelle knapp 12 Jahre später, am 18.03.2002. Das alte B1 wurde im Herbst 1991 abgelöst und umgehend abgerissen. 365 538 rangiert die Übergabe zusammen, darunter überwiegend Wagen für das AW Chemnitz.
Am 11.08.2002 drückt 204 805 den Leerzug nach Blankenburg (Harz) aus dem Bahnhof. Da der Südkopf keine direkte Anbindung an die KC hat, müssen diese Sägezahnfahrten stattfinden.
Die gleiche Situation mit einem Leerzug nach Profen am 25.03.2012. Im Vergleich zur vorigen Aufnahme kann man sehen, dass die Gleisverbindungen von Wüstenbrand/Wechselburg zur KC nicht mehr existieren.
Auf dieser Aufnahme von Volker Dornheim ist das neue Befehlstellwerk noch mitten in der Entstehung. 106 924 befindet sich auf dem Streckengleis in Richtung Wechselburg (WbC-Linie).
Gut 20 Jahre danach prägt die Class 66 das Bild in Küchwald, 266 028 beim Rangieren (10.03.2010).
Ende 2000 wurden die Bahnhofsanlagen in Küchwald nochmals gründlich vom Wildwuchs befreit. Rechts im Vordergrund ist das ehemalige Stellwerk 2 zu sehen. Es wurde bereits in den 1960er Jahren aufgelassen und schließlich im Herbst 2003 abgerissen. Gut zu erkennen sind die Gleise 1-3, 7-9 und die tiefer liegenden Gleise der Anschlussbahn HKW Nord (II), wo Kohlenleerzüge u.a. bespannt mit 232 306 und 702 bereit stehen (27.04.2001). Die beiden Schlote in Bildmitte gehörten zum 1997 stillgelegten HKW Nord I und wurden 2004 abgerissen.
Gleiche Stelle am 15.10.2014: Mittlerweile macht der Bf Küchwald seinem Namen alle Ehre – er ist selbst ein Teil des Waldes geworden. Rechts im Vordergrund war vor wenigen Jahren die Errichtung eines Haltepunktes für die City-Bahn im Gespräch, darum ist es aber wieder still geworden.
Am 16.09.1990 rangiert 86 049 in Küchwald. Zu sehen ist, dass bereits die Ausfahrsignale erneuert sind, während das alte B1 noch in Betrieb ist (siehe Bild weiter oben vom gleichen Tag).
Das hier gut sichtbare Heizkraftwerk Chemnitz Nord II wird dem Bahnhof auch in den nächsten Jahren das Bestehen garantieren. Am 29.01.2002 verlässt ein Kohlenleerzug nach Profen den Bahnhof.
Zum Abschluss fahren wir noch einmal auf 50 3616 in den Bf Küchwald auf Gleis 7 von Norden her ein. Wir blicken zurück in Richtung Chemnitz-Borna und sehen das ehemalige Stellwerk 2 (links), das alte Befehlstellwerk 1 und die Formsignalbrücke (März 1986).
Etwa der gleiche Blick am 06.10.2014. DB Netz hält hier noch die Gleise 8 und 9 für den Güterverkehr vor. Zeitweise übernachten hier auch die auf der KC eingesetzten VT 612. Die Pilzlampen mit Holzmast wurden hier erst Mitte 1990 aufgestellt (s.o.), etwa zeitgleich wurden die Signale ausgetauscht.

Im dritten Teil dieser Reihe wird der Bereich Chemnitz-Borna mit dem gleichnamigen Haltepunkt thematisiert.

Ein herzlicher Dank geht an Siegfried Bergelt, Volker Dornheim und Tilo Müller für die zur Verfügung gestellten historischen Aufnahmen!

Quellen:

Häupel, Stephan (2014): Chemnitz – Obergrüna. In: Machel, Wolf-Dietger (Hrsg.): Von Rügen bis Rosenheim, von Aachen bis Zwickau: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland. einst & jetzt. 104. Ergänzungsausgabe. München: Geramond. S. 12 f..

© 2014 MBC

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Eine Antwort

  1. TSC sagt:

    „Gleis 1 und 2 sind die Streckengleise der KC“- betrieblich nicht ganz korrekt, zwar sind Gleis 1 und 2 die durchgehenden Hauptgleise der (freien) Strecke KC durch den Bahnhof, jedoch keine Streckengleise in dem Sinne, da gibt es aus betrieblichen Gründen eine Trennung.
    „[…] und als Überleitstelle für die KC in den eingleisigen Abschnitt nach Chemnitz Hbf“ – auch nicht ganz korrekt, Überleitstellen sind Betriebsstellen der freien Strecke. Der Bahnhof Küchwald hingegen ist wie du richtig sagst ein Bahnhof, die Grenze zwischen freier Strecke und Bf sind in der Regel die Einfahrsignale.
    PS: Was du als Gleis 8 und 9 angibst, sind eigentlich Gleis 14 und 16, oder hast du dort noch eine alte Bezeichnung der Gleise? Dort köpft ja auch die InfraLeuna, weil die besagten Gleise Gefahrgutgleise sind.
    Viele Grüße

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