Zwischen Chemnitz und Burgstädt: Teil I „Die Klapperbrücke“ [in Überarbeitung 2025]

Hiermit soll eine neue Reihe gestartet werden. Es wird etappenweise der Streckenabschnitt Burgstädt – Chemnitz Hbf der 1872 eröffneten Strecke (Neu)Kieritzsch – Chemnitz (KC-Linie, KBS 525) in aktuellen und historischen Aufnahmen verglichen. Dabei werden neben den Betriebsstellen auch weitere markante Punkte und Kunstbauten berücksichtigt. Entgegen der Kilometrierung beginnen wir in Chemnitz.

Der erste markante Punkt der KC im Chemnitzer Stadtgebiet ist das Viadukt über das Chemnitztal im Stadtteil Furth (km 59,65 KC). Nach Verlassen des Chemnitzer Hauptbahnhofs schließt sich an einen langen Linksbogen das 308 Meter lange Bauwerk an. Der erste Teil der Brücke befindet sich noch im Krümmungsbereich und ist als Steinbogenbrücke ausgeführt. Unter dem ersten der neun Bögen verläuft die B 107 (Blankenauer Straße). Mit dem Übergang des Gleises in eine Gerade ändert sich auch die Brückenbauart in eine Stahlträgerbrücke mit sechs steinernen Pfeilern. In diesem Bereich wird auch der Fluss Chemnitz überquert. Wie der Streckenabschnitt Wittgensdorf ob Bf – Chemnitz war auch die Brücke von Beginn an zweigleisig ausgeführt. Zwischen 1893 und 1942 wurden etappenweise weitere Streckenabschnitte zweigleisig ausgebaut. Lediglich der Abschnitt Neukirchen-Wyhra – Geithain blieb stets eingleisig.

1946 demontierte man infolge der Reparationszahlungen an die UdSSR das zweite Streckengleis auf der gesamten Strecke. 1973/74 wurde es lediglich zwischen Küchwald und Wittgensdorf oberer Bf wieder verlegt (und bereits um 1950 zwischen Borna und Neukieritzsch). Der im Karl-Marx-Städter Volksmund als „Klapperbrücke“ bekannte Chemnitztalviadukt blieb jedoch bis 1999 unverändert stehen. Im Jahr 1900 entstand in unmittelbarer nördlicher Nachbarschaft das 7,4 Meter höhere Steinbogenviadukt der eingleisigen Güterzugstrecke Küchwald – Chemnitz-Hilbersdorf Rbf (KCCh).

[1] Als 228 745 am 08.03.1993 mit N 5778 nach Burgstädt über das Bauwerk schleicht, befand sich dieses noch weitgehend im Originalzustand. Das zweite Streckengleis ist längst demontiert, aber die Brücke existiert noch in voller Breite. Im Vordergrund sieht man auch das Anschlussgleis zum Webstuhlbau, welches bis Anfang der 1970er-Jahre auch weiter zum E-Werk an der Müllerstraße führte. Heute führt an dieser Stelle der Chemnitztalradweg durch die Brücke. Aufnahme: Dirk Schüttler

Ende 1998 war die Nutzungsdauer der alten Rautenträger abgelaufen. Zunächst erfolgte die Demontage der ohnehin nicht mehr benötigten Träger des ehemaligen zweiten Gleises, um den Pfeilern ein passendes Betonfundament für die neuen Überbauten zu geben. Nachdem die neuen Brückenträger im Juli 1999 eingehoben worden sind, verschwenkte man das Gleis auf diese. Die Steinbogenbrücke blieb seinerzeit unverändert. Allerdings wurde das Gleis auch hier nun, in Fahrtrichtung Chemnitz, nach rechts verlegt. Die Sanierung war jedoch nur halbherzig, denn die Brücke blieb eine Langsamfahrstelle. Die sechs Pfeiler und die beiden Widerlager mussten im Rahmen einer aufwendigen Aktion im Jahr 2003 ebenfalls vollständig erneuert werden.

[2] Zum Jahresbeginn 1999 rollte 219 004 mit dem Regionalexpress nach Leipzig über die bereits auf Gleisbreite halbierte Klapperbrücke.
[3] Auch am 02.12.2001 fahren die Züge noch im Schritttempo über die Chemnitz. Dennoch hat sich vieles verändert. Das vertraute „Klappern“ bei der Überfahrt ist vorbei und die Brücke ist nur noch halb so breit. Im Vergleich zum vorigen Bild fahren die Züge nun weiter rechts (Blickrichtung) über die 1999 ausgetauschten Brückenträger.
[4] Etwas vorgerückt erkennen wir gut den Übergang der Brückenbauformen. Die KCCh, links, war im April 2002 schon drei Jahre stillgelegt.
[5] Blick auf die Großbaustelle im August 2003. Die neuen Brückenteile sind nach vier Jahren ausgebaut worden und werden teilweise auf der Brücke der Güterbahn zwischengelagert. Nun gilt es, die maroden Pfeiler zu ersetzen.
[6] Eine andere Perspektive im April 1999, Blick in Richtung Küchwald. Hier sind die alten Rautenträger zu sehen. Die ungenutzten Überbauten des ehemaligen zweiten Gleises sind bereits entfernt und die Pfeiler für die Neubauten vorbereitet.
[7] Dieselbe Stelle im August 2003.
[8] Die spektakuläre Brückenbaustelle soll nun aus weiteren Perspektiven gezeigt werden. Wir blicken auf den in der Chemnitz stehenden Pfeiler (August 2003).
[9] Ein kurioses Bild geben die aufgestapelten Brückenträger unter dem Viadukt der Güterzugstrecke nach Hilbersdorf ab. In der Lage der rechten Träger befand sich das Anschlussgleis zum Webstuhlbau. Rechts kann man noch eine Pfeiftafel davon erkennen (26.10.2003).
[10] Screenshots der TTI-Produktion „Richard-Hartmann-Stadt“ aus dem Jahre 1996, Blick in Richtung Chemnitz Hbf bzw. Hilbersdorf.
[11] Im April 2002 war das Anschlussgleis zum Webstuhlbau bzw. zur Gießerei noch vorhanden. In langsamer Fahrt rollt ein Regionalexpress aus Leipzig über die Chemnitz.
[12] Am 09.11.2003 sind die neuen Pfeiler schon in Arbeit.
[13] Ein Bild vom Ist-Zustand der „Klapperbrücke“. Die neuen (leider schon beschmierten) Pfeiler sind natürlich in der Breite schmaler ausgefallen. Am 11.02.2007 waren nochmals VT 628.4 auf der eigentlich schon von VT 612 dominierten Strecke im Einsatz (628 603 und 609).
[14] Ein letzter Bildvergleich: Blick in Richtung Küchwald, die Pfeiler sind am 30.12.2003 bereits fertiggestellt. Noch wird an den Widerlagern gearbeitet und die beiden äußeren Brückenträger warten noch auf den Wiedereinbau.
[15] Im März 2004 rollt der Zugverkehr wieder über dem Tal der Chemnitz. Nun können auch wieder Loks der Baureihe 232 fahren. Im Sperrungszeitraum wurde auch die Brücke über die Blankenburgstraße (hinten im Rechtsbogen) durch einen Neubau ersetzt. Ein RS1 der City-Bahn hat gleich den Chemnitzer Hbf erreicht. Das hier noch vorhandene Gleis der KCCh samt Küchwalder Einfahrsignal gibt es längst nicht mehr.

Denkmalgerechte Ertüchtigung des Chemnitztalviadukts (EÜ Blankenauer Straße)

Nachdem in den Jahren 1999 und 2003 die Stahlträger- und Betonpfeilerkonstruktion über die Chemnitz erneuert worden war, stand 2019 die sich anschließende Steinbogenbrücke zur Sanierung an.

Das rund 135 Meter lange Viadukt besteht aus acht Bögen mit ca. 9,80 Metern und einem mit ca. 11,80 Metern lichter Weite. Gewölbe und Flügel sind aus Natursteinmauerwerk gefertigt. Bereits 1931/32 erfolgte die Verstärkung der Konstruktion mit einer Stahlbetonfahrbahnwanne. Die Bögen wurden durch Stahlbetonrahmen unterstützt. Die Fahrbahnwanne wies nach 87 Jahren Nutzungsdauer starke Schäden im Fugenbereich auf und musste komplett ersetzt werden.

Die Instandsetzung wurde zwischen April und Oktober 2019 vollzogen. Der Bahnverkehr zwischen Chemnitz Küchwald und Chemnitz Hbf ruhte zwischen 23. Mai und 19. September 2019 vollständig. Bauvorbereitende Arbeiten fanden vor Beginn der Vegetationsperiode bis März statt. Die Unterbautenerneuerung begann bei laufendem Bahnbetrieb vom Boden aus. Im Rahmen der Vollsperrung brach man die Fahrbahnplatte und die schadhaften Stirnwandbereiche ab und ertüchtigte Pfeiler, Widerlagerköpfe und Stirnwände. Anschließend wurde die neue Stahlbetonwanne gegossen und ein neues Gleis verlegt.

Insgesamt investierten DB Netz AG und Bund rund 6,5 Millionen Euro in das gesamte Bauvorhaben.

[16] In der Nacht vom 7. zum 8. November 2016 wurde die Überführung eines Schwertransportes nach Wittgensdorf ob Bf gleich für Messungen zur Befundung des Viadukts genutzt. Der Trafotransport, gezogen von 112 565 und 708, verbrachte zu diesem Zweck mehrere Morgenstunden auf der Brücke.
[] Am 28. April 2019 sind die Vorarbeiten zur Sanierung in vollem Gange, noch läuft der Bahnbetrieb.
[] Der teilweise eingerüstete Bogen über die Blankenauer Straße am 25. April 2019. Rechts sieht man die eigens aufgeschüttete Baustraße.
[] Der Bauzustand am 21. Juli 2019. Die Betonfahrbahnwanne ist in Höhe der Straßenquerung noch nicht fertig.
[] Endspurt am 11. September: Das Gleis ist verlegt, muss aber noch nachgeschottert und gestopft werden.
[] Der Zweiwegebagger verteilt den Schotter auf dem Planum des ehemals zweiten Gleises. Der Schotterzug wartet schon im Hbf.
[] Dieser freie Ausblick auf das sanierte Brückenbauwerk bot sich nur wenige Monate, ehe eine Industriehalle errichtet wurde. Leider ist die Verwahrlosung in Form von Sachbeschädigungen an der Brücke unübersehbar – ekelhaft!

Im zweiten Teil unserer Vergleichsserie zwischen Chemnitz und Burgstädt wird der Bahnhof Küchwald im Mittelpunkt stehen.

Literatur- und Quellenverzeichnis

  • Herbach, Jens: Viadukt Chemnitztal / Strecke KC (Chemnitz), zuletzt abgerufen am 10.10.2025.
  • Kluttig, Steffen (2006): Schienenverbindungen zwischen Chemnitz und Leipzig. Die Eisenbahnstrecken Kieritzsch – Chemnitz und Leipzig – Geithain. Witzschdorf: Bildverlag Böttger GbR. ISBN-13: 978-3937496177
  • Verein Sächsicher Eisenbahnfreunde e.V. (Hrsg.): 125 Jahre Eisenbahn. Borna – Narsdorf – Wittgensdorf – Chemnitz. Rochlitz – Narsdorf – Penig. Limbach – Wittgensdorf. 1872 – 8. April – 1997. Festschrift. 1997.

© 2014-2025 MBC

Für dich vielleicht ebenfalls interessant …

2 Antworten

  1. Brückner sagt:

    Hallo,

    Das ist eine tolle Seite, um an alte Informationen zu kommen, denn einige Brücken in Chemnitz sind ungenutz und erfährt man den Hintergrund.

  2. Torsten Beulig sagt:

    Sehr schön, danke für diese tollen Bilder und Beschreibungen. Habe 2 Jahre am Talanger gewohnt und immer die Kohlependel an der Brücke Erzberger Strasse sehen können.

Schreibe einen Kommentar zu Brückner Antwort abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert