30 Jahre Abschied Linie 3 / 125 Jahre Elektrische in Chemnitz

Als am 6. November 1988 um 1 Uhr 45 der letzte reguläre Zug der Linie 3 in der Karl-Marx-Städter Zentralhaltestelle abfuhr und kurz nach 2 Uhr in Rottluff eintraf, ging eine Ära zu Ende! Fast genau 95 Jahre nachdem die Altendorfer Linie* als erste elektrische Straßenbahn in Chemnitz ihren Betrieb aufnahm, wurde an diesem Tag mit ihrer Stilllegung die 925-mm-Straßenbahn endgültig aufgegeben. Eine letzte (gebührenfreie) Mitfahrgelegenheit bot ein Abschiedskorso am darauffolgenden Vormittag. In Gedenken an den 30. Jahrestag der Stilllegung haben die Chemnitzer Straßenbahnfreunde Triebwagen 332 in der Weise geschmückt, wie seinerzeit den Wagen 345. Frisch hauptuntersucht bot er so am 6. und 10. November 2018 die Gelegenheit zur Mitfahrt auf der 98 Meter langen „Museumsstrecke“ in Kappel.

* Die erste elektrifizierte Straßenbahnstrecke begann ursprünglich in Altendorf an der Gravelottestraße (heute: Horst-Menzel-Straße) und führte über Limbacher und Hartmannstraße sowie Äußere und Innere Klosterstraße zum Hauptmarkt und über die Innere Johannisstraße zum Johannisplatz. Sie wurde am 19. Dezember 1893 offiziell eröffnet. Die Spurweite betrug seinerzeit noch 915 mm.

Wagen 332 nahm am 06.11.1988 auch am Abschiedskorso teil. Stellvertretend erinnerte er am 6. und 10. November 2018 an die Einstellung der Schmalspur vor 30 Jahren.
Ab 1983 war die Linie 3 die letzte verbliebene Schmalspurstrecke. Das Innere von Wagen 332 hat sich seit 1988 nicht verändert.

Rückblick: Linie 3 zwischen Rottluff und „Zenti“ in den 1980er Jahren

Der Einsatz der urigen Vorkriegsfahrzeuge wirkte auch im Sozialismus der späten 1980er Jahre schon anachronistisch. Straßenbahnbegeisterte aus aller Herren Länder wussten ihn aber zu schätzen. Auch in weiten Teilen der Chemnitzer Bevölkerung hat die alte Straßenbahn bis heute einen emotionalen Stellenwert. Holprig und schwankend, das Knarren der Holzkonstruktion, das Quietschen in den Kurven … es wurde als rückständig verteufelt. Und dennoch war es fester Bestandteil des Arbeits- und Einkaufsweges. Ein Stück Leben, das mit mancher Träne vor drei Jahrzehnten zu Grabe getragen wurde.

Wagen 322 ist Anfang der 1980er Jahre mit Altbaubeiwagen auf der Limbacher Straße in Richtung Rottluff unterwegs (kurz vor der Rudolf-Krahl-Straße).
Ebenfalls ca. 1981 war Wagen 344 mit zwei Beiwagen auf der Limbacher Straße stadteinwärts unterwegs.
Bereits kurz nach der Endstelle Rottluff wurde der Betriebshof Altendorf passiert. Wagen 334 ist auf dem Weg in die Innenstadt (ca. 1988). Am Haken hat er nun einen aus Halle oder Leipzig stammenden Gothaer Beiwagen. Ab 1984 ersetzten diese die verschlissenen Chemnitzer Beiwagen.
Blick aus Wagen 334 auf den stadtauswärts entgegen kommenden 345 in Höhe Erzbergerstraße.
Das typische Gespann der schmalspurigen Endzeit in Karl-Marx-Stadt. An der Kreuzung Limbacher Straße/Leipziger Straße/Reichsstraße wartet das Gespann auf die Weiterfahrt in Richtung Zentralhaltestelle.

Historische Aufnahmen: Siegfried Bergelt/Thomas Bauer

In Kappel lebt die Schmalspurige weiter

Die folgenden Aufnahmen entstanden am Abend des 06.11.2018 im Straßenbahnmuseum in der ehemaligen Hauptwerkstatt Kappel.

Um mit Wagen 332 im Museum auf knapp hundert Metern pendeln zu können, musste Wagen 169 seinen Stammplatz verlassen und aufwendig umrangiert werden.
Mit Einführung der Gotha-Beiwagen ab 1984 wurde Perron 2 der im Einsatz verbliebenen Triebwagen umgebaut, u.a. auch das Spitzenlicht entfernt. Ein Umsetzen war im Ringbetrieb auf Linie 3 nicht mehr nötig.
Am 10. November pendelte 332 nochmals in Abschiedsmontur auf der von Vereinsmitgliedern scherzhaft als „längste Museumsbahn Deutschlands“ bezeichneten 98 Meter langen Strecke.

Der Vollständigkeit halber sei noch erwähnt, dass es mit der Inbetriebnahme der Neubaustrecke zum Technopark seit Dezember 2017 wieder eine Linie 3 im Chemnitzer Stadtbahnnetz gibt. Die ÖPNV-Anbindung der Stadtteile Rottluff und Altendorf wird aber langfristig in der Hand von Omnibussen bleiben.

© 2018 MBC

Bei Interesse an der Chemnitzer Schmalspurstraßenbahn schauen Sie auch hier herein:

++ Auf 925 Millimetern durch Chemnitz – Erinnerungen an die Schmalspurige (2013, 2018)

++ Offizielle Webpräsenz des Straßenbahnmuseum Chemnitz

Für dich vielleicht ebenfalls interessant …

3 Antworten

  1. Kretzschmar sagt:

    ja, wir kannten die Bahn noch. Wir sind sogar noch mit der 1 von Schönau aus in Richtung Stadtzentrum gewackelt! Es ist und bleibt eine schöne Erinnerung.

  2. Kurt Richter sagt:

    mein Name ist Kurt Richter vielleicht noch bekannt als Schlosser,strab Fahrer, Bhf Altendorf,Fahrleitungsschlosser in Kappel.
    hier mal nur eine kurze Info ich habe in den 80ern fast alle unter anderem auch die 332, und meinen Bereitschaftswagen früher den August und später Bereitschaftswagen 1331 gefahren und ich habe Spaß an meiner Arbeit gehabt, Bhf Altendorf meine Mutter Christa Richter und mein Vater Hans Richter waren damals alle beim VEB NVK, für mich die schönste Zeit in meinem Leben. ich habe noch viele Andenken bei mir zu Hause von damals, wie Schilder von letzter Fahrt usw.würde es gerne dem Museum in Kappel übergeben wenn ihr Interesse daran hättet würde ich mich sehr über eine Antwort freuen mit freundlichen Grüßen Kurt Richter, seit 1989 wohnhaft in 55276 Oppenheim Auf der Morgenweide 12.

  3. Kurt Richter sagt:

    Hallo hier ist noch einmal Kurt Richter ich kann euch auch noch viele andere Informationen über unsere Straßenbahn Geschichte erzählen und mitteilen, ich hatte damals den gesamten Betrieb durchlaufen unter anderem auch meine Berufsausbildung als Schlosser für Straßenbahn, wie gesagt bei Interesse würde ich mich auf eine Antwort freuen mfg Kurt Richter.

Schreibe einen Kommentar zu Kurt Richter Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert