Wenn hinten vorne ist…

Wenn hinten vorne ist, der Eisenbahnfotograf sich in der Regel ver… abschiedet.

Vergleichsweise unbeliebt unter den meisten „Trainspottern“ sind Frontalaufnahmen von geschobenen Zügen, sprich Steuerwagen. Das mag daran liegen, dass sich viele für das, was hinter der Lok hängt, kaum interessieren. Nichtsdestotrotz sind Steuerwagen seit vielen Jahren aus dem tagtäglichen Eisenbahnbetrieb nicht wegzudenken, ergo haben sie es ebenso wie Loks, Gebäude und Signale etc. verdient in Szene gesetzt zu werden.

Doppelstocksteuerwagen der Bauart DABbuzfa 760 sind inzwischen Oldtimer im SPNV und bereits vielerorts durch komfortablere Neubaufahrzeuge verdrängt worden. Im Elbsandsteingebirge waren sie noch bis 2008 im Einsatz. Im Juli 2005 erreicht eine S-Bahn aus Richtung Bad Schandau den Haltepunkt Stadt Wehlen.
Rund um den Eisenbahnknoten Leipzig konnte man anno 2013 noch zahlreiche Wendezüge mit der Baureihe 143 erleben, allerdings war deren Ablösung schon greifbar nahe (Leipzig Hbf am 24. November 2007).
Der sich abzeichnende Abschied der „langen Halberstädter“ aus Westsachsen führte den Bildautoren im Frühjahr 2006 an die Strecke Zwickau – Werdau – Leipzig. Bei Gosel schiebt 143 943 am 19. April 2006 eine By-Garnitur von Zwickau nach Leipzig. Der Steuerwagen ist ein Bybdzf 482.
Ein zusätzlicher Regionalexpress zwischen Saalfeld und Lobenstein erreicht den Zielort am 8. August 2010. Dank Steuerwagen konnte in Wurzbach ein Umsetzen der Zuglok 219 084 vermieden werden.
In den neuen Bundesländern kaum verbreitet sind die „Karlsruher Köpfe“ (Bnrdzf 4xx oder Bndf 4xx / BDnf 4xx). Von Mai bis Dezember 2010 waren zwei „Karlsruher“ Steuerwagen in Leipzig stationiert und im RE-Verkehr zwischen Leipzig, Reichenbach (Vogtl) ob Bf und Hof unterwegs. Am 22. Mai 2010 wird gerade der ehemalige deutsch-deutsche Grenzbahnhof Gutenfürst durchfahren, 218 390 schiebt.
Das Pendant zum Karlsruher ist der schon gezeigte Wittenberger Kopf, den es sowohl auf Basis von n-Wagen der Bundesbahn, als auch Halberstädter Mitteleinstiegswagen gibt. Auf der Steilstrecke Boppard – Emmelshausen rollte im Frühjahr 2009 noch ein Halberstädter/Wittenberger Steuerwagen einträchtig mit einem n-Wagen, traktioniert von 218 408, auf dem Hubertusviadukt zu Tal. Bei einem derartigen Motiv dürfte die Art des Fahrzeuges aber letztlich Nebensache sein. Inzwischen haben RS1 hier den Verkehr übernommen.
Auch einige Triebwagenbaureihen basieren mit der Kombination aus Motor- und Steuerwagen auf dem Prinzip Wendezug. Am 30. August 2008 war 928/628 564 zwischen Goslar-Oker und Vienenburg unterwegs im Harzvorland. Die Baureihe 928 ist dabei der motorlose Steuerwagen, während der Antrieb im VT 628 steckt. Die Kombination aus zwei Motorwagen wird als BR 628.9/629 bezeichnet.
Auch bei Messzügen ist der Wendezugbetrieb durch häufiges Pendeln und Fahrten in die „entlegendsten Winkel“ adäquat. 232 253 schob im Mai 2005 einen Gleismesszug jüngerer Bauart durch Chemnitz Hbf.
Kein Wendezug im engeren Sinne ist der Standardhilfszug der DR. An den Stirnwänden erhielten die Züge jedoch Dreilicht-Spitzensignal sowie Stirnfenster für den vereinfachten Wendezugbetrieb bei geschobenen Hilfszugeinsätzen zur Unfallstelle. Ein solcher Einsatz war am 28. Februar 2011 in Chemnitz Hbf zu einer entgleisten V100 der Hessischen Güterbahn nötig.
Im Fernverkehr sind Wendezüge erst seit Mitte der 1990er Jahre inflationär üblich. Die dafür vorhandene Bauart Bpmbdzf 296.1 kam zwischen Dezember 2005 und 2006 auch regelmäßig im IC-Verkehr zwischen Karlsruhe bzw. Nürnberg und Dresden zum Einsatz, ehe dieser eingestellt wurde. (Aufnahme in Chemnitz Hbf, 05. Februar 2006)
Wendezugbetrieb der originelleren Sorte gab es zwischen November 2011 und April 2013 im Güterverkehr zwischen Chemnitz Süd und Chemnitz Hbf. Der Lokführer steuert die Lok (BR 261 oder 294) mit Funk vom ersten Wagen aus. Da gesetzlich eine Bühne für den sicheren Stand des Triebfahrzeugführers vorgeschrieben ist (der Tritt bei den Schiebewandwagen reicht nicht aus), war dem Zug extra jeweils ein Fcs-Wagen beigestellt. Grund für dieses Kuriosum waren begrenzte Gleiskapazitäten im Chemnitzer Hauptbahnhof während der zweiten Umbauphase, wo man ein zeitintensives Umsetzen der Lok vermeiden wollte. (Aufnahme in Chemnitz Süd vom 17. Januar 2013)

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