Die Industriebahn Küchwald – Wüstenbrand (Teil II)

Streckenbeschreibung (II)

Chemnitz-Altendorf

Video mit G 12

[48] Herbert Reips, der Vater von Mathias Reips, nahm von seinem Garten aus ab und an die Vorbeifahrt von Zügen mit Super-8-Schmalfilm auf. Wir sehen eine G 12 (Baureihe 58), die im Frühjahr 1973 einen Güterzug von Altendorf nach Hilbersdorf Rbf, zirka im km 3,7 CWd, bringt. (Sammlung Mathias Reips)

Anschluss DAPG / VEB Minol / Wismut Maschinen- und Stahlbau (km 4,04 CWd)

In den 1930er-Jahren betrieb die DAPG an der Altendorfer Straße ein Tanklager. Nach dem Krieg nutzten der VEB Minol und die SDAG Wismut das Tanklager. Die Bezeichnung des Anschlusses wechselte mehrmals, u.a. „Wismut Kraftfahrzeugreparaturbetrieb“ (KRB). Bedienungen erfolgten fahrplanmäßig von Altendorf aus mit Kö (BR 100) oder V 60 (BR 106), teilweise in Kombination mit der Anschlussbedienung des VEB ERMAFA in Borna. Leider liegen mir bislang keine Aufnahmen aus Betriebszeiten vor. Die DB AG kündigte den Anschlussbahnvertrag mit dem Nachfolgeunternehmen zum 31. Dezember 1995. Aufnahmen, die mutmaßlich den Ausbau der Anschlussweiche zeigen, datieren angeblich vom 20. Juli 1994.

Thomas Böttger hat in diesem Betrieb eine Lehre absolviert und kann folgende Erinnerungen ergänzen: „Man wird sich vielleicht fragen, weshalb die SDAG Wismut in Altendorf ein Anschlussgleis hatte, obwohl der KRB (heute Renders) sich an der Jagdschänkenstraße befand. Dort gab es ebenfalls einen Gleisanschluss, vom Bahnhof Siegmar aus. Das Problem war, der KRB (wir haben damals gesagt: Kranke, Rentner und Bekloppte) hat den Multicar mit Kehrmaschine ausgerüstet und den W 50 / L 60 mit Ladebordwand, weil die Hersteller dazu keine Kapazitäten hatten. Die Fahrzeuge kamen mit Ganzzügen in Karl-Marx-Stadt an. Weil der Anschluss im KRB meist schon vollstand (dort wurden die Multicar verladen), musste der Zug mit W 50 / L 60 in Altendorf abgestellt werden. Ich habe einen solchen Einsatz mal mitgemacht (fotografieren war natürlich nicht möglich), welcher recht uneffektiv war. Ich konnte mit einem Kollegen immer nur ein Fahrzeug auf der Straße überführen. Ich glaube, in einer Schicht haben wir nur vier Fahrten geschafft. Zum Lösen der Verzurrung und Einweisen zur Fahrt über die Kopframpe mussten immer zwei Leute nach Altendorf. Da sieht man wieder mal wie uneffektiv in der DDR gearbeitet wurde. Ich habe dort aber auch Züge mit Militärtechnik gesehen, welche wahrscheinlich ins Ausland verkauft wurde.“

[49] Blick von der SÜ Altendorfer Straße in Richtung Küchwald. Während das Streckengleis nach rechts biegt, verlief das Anschlussgleis parallel zum Brückengeländer geradeaus. Links sieht man eine Fernsprechbude, wie sie mehrmals an der Strecke zu finden war.
[50] Im April 2020 dienen Fernsprechbude, Brückengeländer und die frisch beräumte Gleistrasse als Vergleichsmomente. Auf dem Wismut-Gelände hat sich seit 2018 ein Solarzellenfeld etabliert. Dahinter sind die Kleingartenanlage Waldesrauschen und das Krankenhaus zu sehen.

EÜ Altendorfer Straße (30 m; km 4,05 CWd)

[51] Die Stahlbetonbrücke über die Altendorfer Straße zeigt sich im typischen „CO-Stil“ mit rustizierter Werksteinverkleidung. Im Gegensatz zu den Bornaer Brücken ist das Geländer noch weitgehend original erhalten. Rechts, unmittelbar nach der Brücke, lag die Weiche zum Anschluss DAPG.

EÜ Paul-Jäkel-Straße (vormals Talstraße; 38 m; km 4,19 CWd)

[52] Auch die Brücke über die Paul-Jäkel-Straße unterscheidet sich optisch nur in Details von anderen. Wie die meisten Brücken der Strecke ist auch sie als Kulturdenkmal beim Landesamt für Denkmalpflege Sachsen gelistet.

Chemnitz-Altendorf Güterbf / Bf Chemnitz-Altendorf (km 4,56 CWd / km 0,0 COB)

Der Bahnhof bildete das betriebliche Zentrum der Strecke. Acht durchgehende Gleise und zahlreiche Anschlüsse gewährleisteten über neun Dekaden rege Betriebsamkeit. Am Abend des 16. Dezember 1992 endete die Existenz als selbstständige Dienststelle. Das heißt, der Status Bahnhof ging verloren. Einfahrsignale, Stellwerke sowie das Aufsichts- und Rangierpersonal fielen weg. Nach knapp 59 Jahren endete die Kö-Stationierung, als 310 801 am 17. Dezember 1992 im Schlepp eines Nahgüterzuges Altendorf für immer verließ.

[53] Am Gutsweg Ecke Paul-Jäkel-Straße (Standpunkt des Fotografen bei [52]) wies dieses Schild im April 2002 noch auf längst Vergangenes hin. Als hätte es nur noch darauf gewartet, von mir dokumentiert zu werden, verschwand es wenig später auch.
[54] Das Einfahrsignal aus Richtung Küchwald befand sich unmittelbar hinter der Brücke über die Altendorfer Straße. Eine Kö (BR 100) erreicht mit einem Leerzug bestehend aus Flachwagen Altendorf. Im Vordergrund befindet sich heute eine Autowaschanlage.
[55] Der Gleisplan von 1941 zeigt den Bahnhof, mitsamt Ladestelle Beyerstraße (linke Planhälfte), in seiner maximalen Ausdehnung. Von den acht durchgängigen Gleisen hat man später die Gleise 4, 6 und 7 zu Stumpfgleisen, mit Anbindung aus Richtung Küchwald, umgewandelt. Ungefähr im Bereich der Hektometerangabe 4,6 befand sich bis Ende der 1970er-Jahre ein Wasserkran. Unter der waagerechten Kennzeichnung „Zufahrtstraße“ befindet sich die „Culemeyer-Rampe“, siehe auch [68]. Nicht vermerkt sind die drei Stellwerke.
[56] 50 3616 verlässt den Altendorfer Bahnhof am Vormittag des 18. April 1992 kraftvoll in Richtung Hilbersdorf. Mit an Bord dieses Sonderzuges waren auch Siegfried Bergelt und Sohn Markus. Links ist das Stellwerk 1 zu sehen, davor die Gleise zur Sächsischen Maschinenfabrik bzw. zur Ladestelle Beyerstraße.
[57] Eine leicht abgewandelte Perspektive am 20. April 2001. Das Stellwerk war schon seit reichlich acht Jahren ohne Funktion. In Sichtachse des durchgehenden Gleises 3 erkennen wir den Schornstein der Dampf- und Reinigungsanstalt Karl Hermann Kabel (siehe auch [96]).
[58] Der Zustand im Dezember 2013: Viele Birken! Stellwerk und Beleuchtungsanlagen verschwanden im Jahre 2002.
[59] Januar 2020: Der Gleisrückbau ist fast abgeschlossen, und auch der Schornstein seit wenigen Wochen Vergangenheit. Der Lagerschuppen rechts wird auch bald weg sein.
[60] Auch Thomas Böttger (Bildverlag Böttger GbR) hat einen biografischen Bezug zur CWd. Ab 1964 wohnte er unweit des Altendorfer Bahnhofs und konnte noch die Baureihe 86 im Rangierdienst erleben. Ab 1978 mit einer Pentacon Six „bewaffnet“, galt das Interesse vorrangig den sporadisch Dienst tuenden 50ern. Nach einer „Hörung“ und kurzem Sprint konnte „Quetschesse“ 50 1956 noch erwischt werden, als sie Lz nach Küchwald abzischte. Links sieht man das Anschlussgleis des VEB Deutsche Spedition (vormals Anschluss Francesco Parisi), das zu einem Lagerschuppen führt.
[61] Wiederum im April 2001 der Vergleich: Weitgehend intakte, aber verwaiste Bahnanlagen. Die Gleise 1 und 2 waren mit Gleissperren gesichert. Der Anschluss Francesco Parisi war über Gleis 2 angebunden.
[62] Selber Blickwinkel im November 2006.
[63] Im Februar 2018 zeigt sich folgendes Bild: In Höhe des bahninternen Dienstüberwegs entstand 2011 ein öffentlicher Fußweg, als Ersatz für die unterbrochene Erzbergerstraße. Die Nebengleise zeigen sich vom Birkenbefall befreit. Wie sich später herausstellen sollte, knapp zwei Jahre zu früh, da sich der Beginn des Gleisabbaus verzögerte.
[64] Viel ist nicht mehr übrig geblieben am 10. April 2020. Gleise, Lagerschuppen und der Sozialtrakt des Güterschuppens (links) sind weg. Nur das Verwaltungsgebäude erinnert, geschützt von Birken und Kiefern, noch an die Eisenbahnzeit in diesem Sichtfeld.
[65] Ein Zeitsprung zurück in den April 1998: Am Schuppen werden noch Güter umgeschlagen. Eine (letzte?) Abholung von Schiebewandwagen aus diesem Gleis konnte ich selbst im Februar 1999 beobachten. Es war seinerzeit Bestandteil der Anschlussstelle Chemnitz-Altendorf Nord. Rechts fällt auf, dass das Gleis 4 nicht mehr existiert, dessen Weichenanbindung aber schon. Die funktionslose Weiche hat man 1999 noch ausgebaut. Rechts im Vordergrund befand sich 1978 noch ein Wasserkran.
[66] Nach Jahren hatte man im Februar 2018 wieder freie Sicht auf das Verwaltungsgebäude, das nach zirka sechs Jahren Leerstand seit 2005 wieder als Wohnhaus dient. Das Nebengebäude dahinter ist bereits im Jahr 2002 abgebrochen worden.
[67] Der soeben erläuterte Bahnhofsbereich aus der Vogelperspektive (2006).
Anschluss Deutsche Handelszentrale für Kraftstoffe und Mineralöle (km 5,06 CWd)

Die von Reichsbahn-Oberbaurat Johann Culemeyer entwickelten Straßenroller kamen bis Anfang der 1980er-Jahre in Karl-Marx-Stadt von Altendorf aus zum Einsatz. Die Rampe befand sich nördlich des Verwaltungsgebäudes und war über ein zirka 600 Meter langes Industriegleis, welches entlang des Gutsweges verlief, angebunden. Dadurch war es möglich, dass Güterwagen (vorrangig Kesselwagen) auf der Straße zu gleislosen Betrieben in der Stadt gelangen konnten. „Traktioniert“ wurden diese Culemeyer-Straßenroller von Tatra-Zugmaschinen. Im Sächsischen Eisenbahnmuseum Chemnitz-Hilbersdorf existiert eine solche Komposition noch in kompletter Weise. Das Industriegleis wurde erst am 9. Juli 1997 offiziell stillgelegt, viele Jahre nach dem Ende der Straßentransporte.

[68] Am 23. August 1976 inspizierte Günter Meyer die Verladeanlage in Altendorf. Mittels Spindel war das Gleisende seitlich verschiebbar, sodass kein millimetergenaues Rangieren der Straßenfahrzeuge von Nöten war.
[69] Ein ähnlicher Blick im Mai 2020. Zur besseren Lokalisierung ist links das Vewaltungsgebäude mit abgebildet.
[70] Im April 2001 lagen die Gleise noch. Vom Verladepunkt war aber nichts mehr auszumachen. Die rechts und auch in [68] sichtbare Garage überdauerte bis Januar 2020.
Beyerstraße Ldst / Chemnitz Beyerstraße (km 0,76 COB)

Diese Ladestelle lag östlich des Altendorfer Bahnhofs und war über ein Zweiggleis an diesen angebunden. Die „Strecke“ hat ein eigenes Kürzel, COB, erhalten. 1937 verlor die Ladestelle ihren Status als eigenständige Verkehrsstelle. Die Ladegleise erstreckten sich entlang der Talstraße (heute Paul-Jäkel-Straße) und reichten einst fast bis an die namensgebende Beyerstraße heran (siehe [55] Gleise 12-15). Im Dreieck zwischen Werderstraße (heute Erzbergerstraße), Talstraße und den Ladegleisen befanden sich kürzere Stumpfgleise und der Kleinlokschuppen. Zuletzt war der Ladestellenbereich Bestandteil der Awanst Chemnitz-Altendorf Süd. Letztmals konnten mehrere zwei- und vierachsige Fcs-Wagen im Februar 2001 an der Ladestraße beobachtet werden. Dabei ist bis heute nicht klar, ob es sich um eine reine Abstellung oder eine letzte Anschlussbedienung handelte.

[71] Wiederum dem bekannten Auer Lokführer und Fotografen ist diese Aussicht von der Erzbergerstraße im Jahre 1960 zu verdanken. Besonders wertvoll, da hier Stellwerk 3 zu sehen ist. Außerdem erkennbar sind mehrere Kopf- und Seitenladerampen, der Schuppen für die Kleinlok, eine Gleiswaage und Ladelehre sowie rechts ein Portalkran am zentralen Kohleumschlagplatz.
[72] Trotz einiger Rationalisierungsmaßnahmen scheint die Eisenbahnwelt an der Beyerstraße 1991 noch recht in Ordnung zu sein. Die Weichen müssen nun vor Ort von Hand umgestellt werden. An die Stelle von Stellwerk 3 ist ein Tankcontainer für die Kleinlok getreten. Für den SKL der Bahnmeisterei ist ein Unterstand neben dem Lokschuppen entstanden. Im Schuppen war zudem auch häufig eine Rangierdiesellok der Bm-Rotte untergebracht, zuletzt 312 248.
[73] Im April 1998 zeigte sich folgender Sachverhalt: Der am 15. August 1993 durch Brandstiftung zerstörte Lokschuppen ist abgerissen worden. An die Stelle des SKL-Unterstandes ist ein Schuppen in Leichtbauweise getreten. Zwei Gleise sind durch Verstümmelung der Weichen unbrauchbar geworden, eine beliebte Unsitte des „Unternehmen Zukunft“ in den 1990er-Jahren.
[74] Tabula rasa! Im Spätsommer 2001 wurde das Bahngelände von allen Gleisen und Hochbauten befreit. Im Juli 2004 erinnern nur noch Lampenmasten und Laderampen an die Eisenbahnzeit. Das Brückengeländer ist übrigens deshalb im Vordergrund abgebildet, weil die Fußwege auf der maroden Brücke schon mit Bauzaun in der Breite eingeschränkt worden waren.
[75] Chemnitz-Altendorf war einer der ersten Bahnhöfe der Rbd Dresden, welcher Kleinloks mit Dieselmotor und mechanischer Kraftübertragung (Kö) stationierte. Den Anfang machte Kö 4211 im Januar 1934. (Sie ist heute noch im Sächsischen Eisenbahnmuseum Chemnitz-Hilbersdorf vorhanden.) Als im Jahre 1991 die 100 949 an der Beyerstraße Wochenendruhe hielt, neigte sich diese Tradition langsam ihrem Ende entgegen. 100 949 war seit 1983 in Karl-Marx-Stadt beheimatet. Im April 1988 half sie beim Neubau der Straßenbahnlinie 1 in der Zwickauer Straße als Bauzuglok.
[76] Ein Bild mit Symbolcharakter für die unmittelbare Zeit nach der Maueröffnung. Die einst sehnlichst erwarteten Kraftfahrzeuge aus DDR und „Bruderländern“ wandern arglos auf den Müll der Geschichte. Noch hat die Bahn in der Fläche einen gewissen Stellenwert (Sommer 1991).
[77] Die Ladestelle hieß zwar „Beyerstraße“, doch liegen die einst ca. 400 Meter langen Ladegleise parallel zur Paul-Jäkel-Straße (früher Talstraße). An einem trüben Februartag des Jahres 1999 habe ich die Kamera „blind“ über den Zaun gehalten, und zum Glück halbwegs getroffen. In Zeiten der Analogfotografie konnte man erst eine Woche später feststellen, ob das Foto etwas geworden ist! 344 005 hat drei Fcs-Wagen gebracht, und holt nun einen der drei Kesselwagen ab. Zwischen den Fcs-Wagen und den Häusern verläuft der Pleißenbach. Die Häuser liegen an der Matthesstraße.
[78] Noch im April 2001 standen diese beiden Güterwagen in der ehemaligen Ladestelle Beyerstraße. Vermutlich sind sie wenig später an Ort und Stelle zerlegt worden.
Anschluss Sächsische Maschinenfabrik / diverse Anschließer
[79] Kurz nach dem Abzweig von der COB querte das Anschlussgleis den Pleißenbach auf einer Stahlträgerbrücke. Links im Hintergrund erkennt man die Erzbergerstraße.
[80] Der Blick in die Gegenrichtung von der Erzbergerstraße auf die Pleißenbachbrücke und den Anschluss Stahlbau Chemnitz GmbH (links). Dieser war über eine doppelte Kreuzungsweiche zu erreichen, welche sich unterhalb der Straße befand. Der Anschluss ist am 21. Dezember 1995 stillgelegt worden. Auf dem Gelände des Stahlbaus steht heute ein Seniorenpflegeheim.
[81] Der Blick in die andere Richtung, 1991. In dieser Sichtachse führte von 1908 bis ca. 1930 das Gleis weiter durch die Matthesstraße zur Sächsischen Maschinenfabrik vormals Richard Hartmann. 1910 machte also, unter vielen anderen, der „Rollwagen“ 38 205 hier seine ersten Schritte in die große weite Eisenbahnwelt.
[82] Der Zustand im April 1998. Die drei Gleise sind seit Jahren stillgelegt und schon teilweise zurückgebaut worden.
[83] Der Blick von der Erzbergerstraße im November 2006. Im Vordergrund hat man das Gleisterrain bis auf Parkplatzhöhe aufgefüllt.
[84] Auch die Brücke der Erzbergerstraße (vormals Werderstraße; km 0,22 COB), die bei [71-74, 80-83] als Standort diente, sei gezeigt. Mitte 2010 ist sie gesperrt und im Februar 2011 ersatzlos abgerissen worden. Wir blicken über den Pleißenbach in Richtung Süden zur Limbacher Straße. Hinter dem Stützpfeiler befindet sich das Planum der links teilweise verschütteten Anschlussgleise zur Sächsischen Maschinenfabrik.

Wir verweilen auf dem Altendorfer Bahnhof

[85] Auch die V 180 kam Anfang der 90er noch nach Altendorf. 228 265 erreicht im Juli 1992 den Bahnhof. Die niedrige Ordnungsnummer verrät, die Lok besitzt 1000-PS-Motoren. Wenig später wurde sie abgestellt und Mitte 1993 zerlegt.
[86] 105 044 stand am 1. Juni 1987 mit einer Leine Gbs-Wagen auf Gleis 4, das damals noch beidseitig angebunden war.
[87] Auch der Zwickauer Traditionseilzug kam am 15. August 1992 auf Gleis 4 zum Stehen. 86 1333 leistete dem Rollwagen Vorspann. Mein Schwesterchen scheint sich unterdessen für irgendetwas auf der Ladestraße zu interessieren. 86 1333 kehrte im Jahr 2015 nach 22 Jahren nach Sachsen zurück. Leider viel zu spät, um nochmal auf die CWd zu kommen. Die Altendorfer Bahnanlagen zeigen sich 1992 tadellos, aber schon recht leer.
[88] Die aus 30 Waggons der Bauart Falns 165“ gebildeten Kohlependel gaben auf der Nebenbahn ein besonders imposantes Bild ab. Ein Leerzug, bespannt mit zwei Loks der BR 232, rollt im Winter 1997/98 durch Altendorf nach Westen. Irgendwann zwischen 1993 und 1997 tauschten Gleis 4 und 5 die Rollen des Stumpf- und Durchgangsgleises. Der links sichtbare Güterschuppen verschwand Ende 2007.
[89] Die Gleise 4 und 7 waren im Frühjahr 2001 längst zurückgebaut, während Gleis 6 von zahlreichen Altschwellen belagert wurde. Das einzige, was sich auf dem Bahngelände die nächsten Jahrzehnte noch bewegen wird, ist die Natur in vertikaler Richtung.
[90] Die südliche Ladestraße, Blick nach Osten/Küchwald im April 1998. Auch rechts der Straße lagen zwei Stumpfgleise, westseitig angebunden. Das rechte davon war der Anschluss Emil Uhlmann AG, später Stahlbau Plauen GmbH, stillgelegt im März 1993 (vgl. [55]).
[91] Blühende Landschaften! Nicht nur vom Gleisareal, auch von der Ladestraße hat sich die Natur viel Territorium zurückerobert.
[92] Der Blick von oben auf das Zentrum des Altendorfer Bahnhofs. 2006 ist die Natur auf dem Vormarsch.
Anschluss A. Meyer / später Schrotthandel Adolf Löbl (km 5,29 CWd)
[93] Blick von der Rudolf-Krahl-Straße auf 50 1307, die mit einem Nahgüterzug nach Wüstenbrand ausfährt. Rechts liegt der mittels Gleissperre gesicherte Anschluss Meyer bzw. Löbl, welcher unter der Straßenbrücke abzweigte. Das Foto ist zugleich der einzige mir bekannte Bildbeleg des kleinen Stellwerk 2, links im Hintergrund zu sehen.
[94] Der Anschluss Löbl war 1998 schon arg verwaist, während sich das Hauptgleis in gutem Zustand präsentierte.
[95] Im Winter mag es noch gelingen, aber im Sommer sah man die Gleise vor lauter Bäumen längst nicht mehr. Im Januar 2020 beobachten wir von der Rudolf-Krahl-Straße aus die Demontage der Einfahrweiche. Sie wandert nicht in den Schrott, sondern soll Wiederverwendung finden.
[96] Unmittelbar hinter der SÜ Burgstraße (später Rudolf-Krahl-Straße) befand sich westwärts links des Gleises der 1898 errichtete Fabrikkomplex der Dampf- und Reinigungsanstalt Karl Hermann Kabel (Chemische Wäscherei). Ein Teil des Geländes diente zu DDR-Zeiten dem VEB Zahnschneidefabrik „Modul“ Karl-Marx-Stadt als Härterei. Einen Gleisanschluss gab es nicht. Hingegen lag im Vordergrund des Bildes einst die Weiche zum Straßenbahndepot.
[97] Die Fabrikanlagen verschwanden zeitgleich mit den Gleisen in diesem Bereich im November 2019. Der zum Zwecke des Gebäudeabbruchs entstandene Bahnübergang existierte nur wenige Wochen.
[98] Drei Szenen rund um das westliche Einfahrsignal, das besser dokumentiert ist, als das östliche: Am 22. Februar 1979 hat die KMSt-Hilbersdorfer 50 3670 soeben eine Ladung neuer Ikarus-280-Busse in den Anschluss Straßenbahn gedrückt. Links ist zu sehen, dass das Gleistor zum Depot noch geöffnet ist. Die Reko-50 steht bereits wieder auf dem Streckengleis. Dahinter schleicht sich 106 343 mit einer Übergabe vom Anschluss Drechsler an. Vereint geht es zurück in den Bahnhof.
[99] Am Silvestertag 1987 nähert sich 106 887 von Rottluff her dem Halt zeigenden Einfahrsignal. Die Weichenlaterne in Höhe Zugspitze ist Bestandteil der Anst Drechsler (siehe [105-108]).
[100] Eine vergleichbare Situation wie bei [99] mit Blick in Richtung Küchwald, entstanden zirka 1991. Hier ist gut zu erkennen, dass das Signal einen sogenannten Negativflügel besaß. Das heißt, die Farben Rot und Weiß sind normabweichend vertauscht worden, aus Gründen der besseren Erkennbarkeit. Die Signalisierung bei Dunkelheit erfolgte mittels Gasbeleuchtung. Links sieht man wieder die Drechslerweiche, rechts das Straßenbahngelände.
Anschluss Straßenbahn (km 5,41 CWd)

Das Straßenbahndepot Altendorf entstand 1898/1899 im Zuge der Verlängerung der ersten elektrischen Straßenbahnlinie auf der Limbacher Straße. Seit 1916 verfügte das Depot über einen Gleisanschluss an die Industriebahn. Besonderheit: Die exotische Spurweite der Straßenbahngleise von 925 mm (ursprünglich 915 mm) erforderte Dreischienengleise, damit Regelspurgüterwagen von Straßenbahntriebwagen rangiert werden konnten. Per Bahn angeliefert wurden z.B. Gleisbaumaterial, Fahrleitungsmasten, Bremssand und fabrikneue Omnibusse. Abgefahren wurde Schrott (u.a. zerlegte Fahrzeuge). Im November 1988 stellte der NVK die letzte Schmalspurlinie ein. Er bzw. ab 1990 die CVAG, nutzte das Areal aber weiterhin zur Lagerung von Gleisbaustoffen, sodass bis 1993 weiter per Bahn bedient worden ist. Danach gab es um den Weiterbetrieb des Anschlusses einiges „Gerangel“ zwischen CVAG und DB AG, welches schlussendlich in den Ausbau der Anschlussweiche im März 1998 mündete.

[101] Das verschlossene Gleistor markiert den Beginn des Dreischienengleises auf dem Betriebsgelände der CVAG. Das Einfahrsignal existierte im Frühjahr 1993 nicht mehr, sonst wäre es in der rechten Bildhälfte ersichtlich.
[102] 12. September 1988: Mit diesem Straßenbahntriebwagen wurden die Güterwagen intern bewegt. Links ragt wieder der Negativflügel heraus.
[103] Der Blick vom Führerhaus einer V 60 (BR 346) auf das Straßenbahngelände. Im Frühling 1993 ist die mittlere Schiene teilweise ausgebaut und Betonplatten haben die Pflastersteine ersetzt.
[104] Bis heute existieren Relikte des Dreischienengleises in Altendorf, hier der Zustand im November 2011. Seit April 2021 lagern hier die Kessel der ehemaligen Braustolz-Brauerei. Die zweischiffige Halle diente den Museumswagen der Straßenbahnfreunde noch bis 1995 als Herberge. Seitdem wird sie von Handwerksbetrieben bewirtschaftet. Teile des Geländes nutzte die CVAG noch bis ca. 2005 zu Gleisbauzwecken. Die Gleiswerkstatt wich Ende 2009 einem Supermarkt. Zwei Brücken über den Pleißenbach stellten die Verbindung zur „großen Bahn“ sicher. Eine Brücke ist in Bildmitte zu sehen.

Anschluss Walther Drechsler (vormals E. E. Meyer; km 5,53 CWd)

Diese Anschlussstelle eines Metallhandels befand sich außerhalb des Altendorfer Bahnhofs, welcher durch die Einfahrsignale begrenzt wird. Nur gut 100 Meter nach dem Anschluss Straßenbahn zweigte das Gleis ebenfalls nach Südwesten ab. Nach zirka 100 Metern Gefällestrecke und der Querung des Pleißenbaches auf einer kleinen Bogenbrücke erreichte man das Gleistor. Der Gleisanschluss entstand spätestens 1922 und existierte bis 1999. Bis 1990 erfolgten täglich vier Bedienungen von Altendorf aus, die letzte im Februar 1999.

[105] Die Zufahrt zum Anschluss Walther Drechsler, links, war Mitte 1998 noch in Benutzung, wie die Ea-Wagen im Hintergrund verraten. Rechts verläuft die Strecke nach Wüstenbrand.
[106] Der in [105] sichtbare Niveauunterschied zwischen Anschluss- und Streckengleis in Höhe der Pleißenbachquerung. Am linken Bildrand ist das Gleistor Drechslers erkennbar (November 2006).
[107] Der Blick vom Streckengleis in den Anschluss W. Drechsler offenbart ein „Schmankerl“: Eine Segmentdrehscheibe! Bewegt worden sind die Güterwagen in diesem Bereich nicht von Lokomotiven, sondern mithilfe einer Seilspillanlage. Noch im Sommer 1998 verrichtete dieses Kleinod, von der Öffentlichkeit nahezu unbemerkt, seinen Zweck.
[108] Im Januar 2000 entdeckte ich rein zufällig die Reste des Anschlusses. Offensichtlich hatte man unmittelbar nach (oder schon vor) der Kündigung des Anschlussbahnvertrages zum 31. Dezember 1999 alles Stählerne zur „schnellen Mark“ gemacht. Dass hier ein Jahr zuvor noch Eisenbahnbetrieb stattfand, konnte ich mir damals nicht vorstellen. Zwei Jahrzehnte später ist auch der Schrotthandel selbst längst Geschichte, und von der Drehscheibengrube ist nichts mehr auszumachen.

Abkürzungsverzeichnis

Anst = Anschlussstelle
Awanst = Ausweichanschlussstelle
BR = (Lokomotiv-)Baureihe
Bm = Bahnmeisterei
CO = Strecke Küchwald – Obergrüna
COB = Strecke Chemnitz-Altendorf Güterbf – Chemnitz Beyerstraße
CVAG = Chemnitzer Verkehrs-Aktiengesellschaft
CWd = Strecke Küchwald – Wüstenbrand
DAPG = Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft
DB AG = Deutsche Bahn Aktiengesellschaft
DR = Deutsche Reichsbahn
EÜ = Eisenbahnüberführung
GS = Güterschuppen
Kö = Kleinlok mit Dieselmotor und mechanischer Kraftübertragung
Ldst = Ladestelle
NVK = VEB Nahverkehr Karl-Marx-Stadt
Rbd = Reichsbahndirektion
SLUB = Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
SÜ = Straßenüberführung
VEB = Volkseigener Betrieb

Danksagung

Folgende Personen haben durch Fotos, Informationen etc. zum Gelingen der CWd-Beitragsreihe beigetragen:
Siegfried Bergelt
Thomas Böttger
Volker Dornheim
Heinz Finzel (†)
Thomas Hälsig
Stephan Häupel
Matthias Hengst
Marco Heyde
Sylvio Köstner
Patrick Lohse
Paul Mädler „lokpaul“
André Marks
Andreas Matschke
Thomas May
Günter Meyer (†)
Dr. Manfred Meyer
Ronny Meyer
Ronny Preußler
Hans-Dieter Rändler
Herbert Reips
Mathias Reips
Lothar Schilde (†)
Klaus-Dieter Schumacher
Dirk Schüttler
Felix Seraphin
Steffen Tautz
André „tt-bahner“
Heiko Vogler
Außerdem:
Heimatverein Grüna e.V.
Sächsische Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden
Dafür ein herzliches Dankeschön!

Weiterführende Literatur und Links

  • Böttger, Thomas (2003): Reichsbahn, Ruß und Rollfilm. Witzschdorf: Böttger.
  • Häcker, Dieter (2012): Altendorf. Wolfsjägersiedlung, Klosterdorf, Vorort, Stadtteil. Eine Chemnitzer Stadtteilgeschichte. Chemnitz: Heimatland Sachsen. S.110.
  • Häupel, Stephan (2014): Chemnitz – Obergrüna. In: Machel, Wolf-Dietger (Hrsg.): Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland einst & jetzt. Loseblattsammlung. 104. Ergänzungsausgabe. München: GeraNova.
  • Häupel / Schramm / Viehweger (1998): Nebenbahnen um Wüstenbrand. Nordhorn: Kenning. (vergriffen)
  • Heinrich, Rainer (1998): Kleinlokomotiven in der Rbd Dresden. Einsatz und Beheimatung von 1930 bis 1995. EK-Reihe Regionale Verkehrsgeschichte: Band 23. Freiburg: EK. S.60f.
  • Schilde, Lothar (2003/2004): 100 Jahre Industriebahn Chemnitz-Küchwald – Obergrüna, Teil 1-4. In: Rabensteiner Blätter. Nr.16-19 (9./10. Jahrgang).
  • Informationen zum Gleisanschluss der Hartmann-Werke

Sie verfügen über weiteres, bisher unveröffentlichtes Bild- oder Filmmaterial, Anekdoten oder sachdienliche Informationen zur Strecke Küchwald – Grüna ob Bf – Wüstenbrand aus Betriebszeiten (1897-2003)? Dann kontaktieren Sie uns bitte!

Fortsetzung folgt

© 2020 MBC

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6 Antworten

  1. Martin Schiffmann sagt:

    Hallo, eine Anmerkung zu der Abkürzung DAPG:

    Dies steht für “ Deutsch-Amerikanische Petroleum Gesellschaft „, ein um 1890 in Bremen von deutschen Kaufleuten unter Mehrheit des us-amerikanischen Milliardärs und zeitweisem Beherrscher des Welt-Ölmarktes, Herrn John D. Rockefeller gegründetes Petroleum-Handelsunternehmen.

    Erster Zweck der DAPG war die flächendeckende Belieferung des DeutschenReiches mit Petroleum zu Beleuchtungszwecken. Als dann recht schnell Gasflammen und elektr. Glühbirnen die Petroleumfunzeln als Beleuchtungskörper ablösten, hatte Rockefeller mit der aufkommenden Motorisierung das Glück, seine Petroleum-Tankläger ratz-fatz in Benzin-Tankläger umwandeln zu können – die Infraastruktur war ja schon vorhanden.

    Rockefeller war Eigentümer der Standard Oil Company, dem langjährigen weltgrößten Mineralölkonzern.

    Spätestens nach dem zweiten Weltkrieg wurden in Westdeutschland alle DAPG-Tankläger in Esso umgetauft, dies ist allerdings nichts anderes wie die phonetische Aussprache von „S.O.“, der Abkürzung von Standard Oil.

    (DAPG) ist ein deutsches, im Jahr 1890 gegründetes Mineralölunternehmen, das seit 1950 Esso

  2. Patrick Lohse sagt:

    Lieber Markus, immer wieder toll, Deine Artikel!

  3. Claus Modaleck sagt:

    Guten Tag, an mich wird öfters die Frage gestellt wer denn die * BRÜDER KERSTEN * sind. Nämliches kleines Hinweisschild befindet sich oberhalb an der Bahnbrücke *ALTENDORFER Straße*.
    Ich würde mich über eine Auskunft diesbezüglich freuen. Ich bedanke mich im Voraus.

  4. MBC sagt:

    Hallo Herr Schröter,

    danke für die Information! Dann hat man es mutmaßlich zeitgleich mit dem Stellwerk bereits im Jahre 2002 abgerissen.
    Auf meinen Fotos von November 2002 fehlt es ebenfalls bereits. Das ist mir bisher nie aufgefallen.
    Ich werde dies umgehend berichtigen.

    Viele Grüße
    M. Bergelt

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