Zwischen Chemnitz und Burgstädt: Teil III „Chemnitz-Borna“ (ergänzt 12/2017)

Borna ist ein ausgangs des 13. Jahrhunderts erstmals urkundlich erwähntes zweireihiges Waldhufendorf am Nordrand des Erzgebirgsbeckens. Nach der Eingemeindung zur Stadt Chemnitz (1913) entstanden viele Arbeiterwohn- und Kleinsiedlungen. Mittlerweile bildet Borna zusammen mit dem angrenzenden Heinersdorf einen Stadtteil. Seinen ersten Bahnanschluss erhielt Borna erst im Juli 1901, denn die seit 1872 an der KC-Linie liegende Gemeinde hatte zunächst keine eigene Station bekommen. Schon zweieinhalb Jahre später bekam Borna durch die Eröffnung der CO-Linie auch seine eigene (Güter-)Ladestelle (siehe Beitrag Zwischen Küchwald und Rabensteiner Wald). Die Industrialisierung hielt nun mit Gießereien und Ziegelei Einzug.

Nach dem Bf Küchwald geht die zweigleisige KC-Linie nordwärts in eine ca. 600 Meter lange Gerade über.

Ab 1992 wurde zwischen Chemnitz und Leipzig die RegionalSchnellBahn (RSB) eingeführt. 232 500 ist im Sommer 1994 mit dieser Leistung zwischen Küchwald und Chemnitz-Borna unterwegs. Im Vordergrund ist der frisch freigelegte Entwässerungsgraben zu sehen. Im Hintergrund die Einfahrsignale des Bf Küchwald (bis 2005 beidseitig). Ebenfalls erkennbar ein ehemaliger Posten, der heute als Wohnhaus genutzt wird. Die große Freifläche zwischen KC- und CWd-Linie wird ca. seit der Wende als Abraumhalde genutzt.
An gleicher Stelle sind am 14.12.2010 233 288 und 478 mit dem Gipszug nach Großkorbetha unterwegs. Der alte Entwässerungsgraben wurde 1998 umgestaltet, das linke Einfahrsignal wurde entfernt und die Halde ist in knapp zwei Jahrzehnten angewachsen und mittlerweile zugewuchert.
„Blühende Landschaften“ am 25.07.2017 als der Gips mit 265 002 vorbeischleicht.
Ab Fahrplanwechsel Ende Mai 1995 übernahmen fabrikneue VT 628.4 kurzzeitig den Gesamt(durchgangs)verkehr zwischen Chemnitz und Leipzig. In der Bornaer Gerade begegnen sich die mittlerweile als RegionalExpress (RE) bezeichneten Züge (Juni 1995).

Schon im nächsten Rechtsbogen liegt der Haltepunkt Chemnitz-Borna (km 57,1 KC; offizielle Bezeichnung bis Juli 1913: „Borna b. Chemnitz Hp“; Mai 1953 bis Mai 1990: „Karl-Marx-Stadt-Borna Hp“). Er liegt im Gleisbogen, in unmittelbarer Nähe zum Überführungsbauwerk der am 17. Dezember 1903 in Betrieb genommenen Industriebahn Küchwald – Obergrüna. Leider ist über den Haltepunkt Chemnitz-Borna nur wenig aus den ersten Betriebsjahrzehnten bekannt. (Auch die einschlägige Literatur hüllt sich dazu in Schweigen.) Der Haltepunkt existierte nicht von Beginn der KC-Linie an, sondern wurde erst am 15. Juli 1901 eröffnet. Mutmaßlich war die Station seitdem ein besetzter Haltepunkt. Die Station fungierte nie als Blockstelle, denn bereits 800 Meter weiter (km 56,3 KC) gab es die Blockstelle (Chemnitz-)Borna, von der leider noch weniger überliefert ist. (Sachdienliche Hinweise dazu werden sehr gern entgegen genommen.) Die Station verfügt über zwei Außenbahnsteige, welche durch eine Fußgängerunterführung miteinander verbunden sind. Die Treppenzugänge der Unterführung sind mit hölzernen Überdachungen versehen, welche auch als kurze Bahnsteigdächer fungieren. Regelmäßiger Vandalismus nach der Wende forderte schnell sämtliche Verglasungen und Bahnhofsuhren. In der ersten Hälfte der 1990er Jahre erfolgte ein Teilabriss des eigentlichen Stationsgebäudes, welches die Holzkonstruktion und das seit 2013 wieder als Wohnung genutzte Beamtenwohnhaus miteinander verband. Im Stationsgebäude befand sich neben einem Warteraum auch die Gepäckabfertigung. Das Streckengleis in Fahrtrichtung Chemnitz/Karl-Marx-Stadt wurde im Zuge der Reparation 1946 demontiert und der westliche Bahnsteig somit funktionslos. Erst 1973 wurde die Zweigleisigkeit wieder hergestellt. Bis in die frühen 1990er Jahre hinein gab es im Hp noch eine Fahrkartenausgabe (vermutlich zuletzt nur noch stundenweise besetzt).

Der aus Richtung Karl-Marx-Stadt Hbf einfahrende Personenzug wird von zahlreichen Reisenden erwartet. Noch stehen alle Hochbauten, inklusive Uhren und Verglasung. Zum Zeitpunkt der Aufnahme war die Strecke hier erst knapp 14 Jahre wieder zweigleisig.
Die gleiche Stelle heute, allerdings nicht mit einem Reisezug, sondern mit der „Leerkohle“ nach Profen. Links ein 2002 aufgestellter Unterstand, der rechte steht schon ein paar Jahre länger. Rechts ist der Rückbau an den Gebäuden erkennbar. Die Überdachungen sind im Herbst 2010 abermals renoviert worden (Bild vom 04.12.2011).
Eine schöne Übersichtsaufnahme aus dem Sommer 1994: In Chemnitz-Borna hielten alle Nahverkehrszüge von/nach Burgstädt, Cossen, Rochlitz und Limbach-Oberfrohna. In den 1990er Jahren waren diese überwiegend mit V100 (BR 201/202), teilweise aber auch BR 219 und 232 bespannt. 202 578 kommt mit einer Bghw-Garnitur aus Richtung Wittgensdorf zum Halten. Die Hochbauten machen einen verlotterten Eindruck. Der rechte Bahnsteig wurde bereits vor Jahren eingekürzt, während der linke noch die vollständige (respektable aber überflüssige) Länge aufweist. Im Vordergrund rahmt die Überführung der CO/CWd-Linie das Ensemble. Der Brückenbogen wurde nach Sprengung 1945 neu errichtet.
Die gute alte V100 war auch im Juli 1999 noch purer Alltag in Chemnitz-Borna. Die Regionalbahnen bestehen mittlerweile nur noch aus einem Wagen. 202 562 legt mit ihrem Bom auf dem Weg nach Cossen einen kurzen Halt ein. Die Holzüberdachungen haben einen frischen Anstrich erhalten, das Beamtenwohnhaus steht schon eine Weile leer.
Auf den ersten Blick hat sich bis Januar 2010 zunächst wenig verändert. Lediglich das Haltestellenhäuschen und die zeitgemäße Beschilderung der Bahnsteige sind neu dabei. Neu sind zum Jahreswechsel 2009/10 auch die Class 66 von Heavy Haul Power International (HHPI) und ein anderer Falns-Wagentyp im Kohleverkehr Profen – Küchwald. Aufgrund der Sanierung der Bahrebachbrücke ist die KC nur eingleisig befahrbar. Die Spuren im Vordergrund zeigen, wie wieviel Gleis die damals 44 Wagen starken Züge brauchen, um die Spitzkehre in den Bf Küchwald zu fahren (Bild mit 266 029+027 am 10.01.2010).
Das Bild mit dem Gipszug vom 12.02.2013 zeigt die im Frühjahr 2010 erneuerte Bahnsteigbeleuchtung. Hier ist auch besser als im vorigen Bild zu erkennen, dass die Bahnsteige durch Wegnahme der Kantensteine weiter eingekürzt wurden. Ins Gebäude kehrt unterdessen wieder Leben ein, wie die neuen Fenster belegen.
Nach BR 202 und VT 628 halten in Chemnitz-Borna seit Mitte 2002 ausschließlich RS 1 der City-Bahn Chemnitz. Am Abend des 04.01.2010 legt VT 512 einen Halt ein. Die seit 2003 funktionslose Brücke der Industriebahn bietet einen guten Überblick. Bald darauf wird das angenehme Licht der alten DR-Bahnsteiglaternen durch das allseits dominierende Orange der Natriumdampflampen ersetzt werden.
Ein Kohlezug hat sein Ziel gleich erreicht. Der neue Eigentümer hat das Stationsschild am Wohnhaus entfernt und den alten Schriftzug aus dem Jahr 1953 wieder hervorgebracht. Das Haus wurde mittlerweile weiß gestrichen, aber die Schrift belassen (Bild vom 12.02.2013).
2005 wurde in Höhe des ehemaligen Bahnsteiges ein Vorsignalwiederholer für den Bf Küchwald aufgestellt. Wir sehen außerdem einen Kohlezug der gerade aus Richtung Chemnitz Hbf in Küchwald einfahren will. Kurzzeitig wurden die Züge aus 44 Wagen gebildet, sodass die Zugspitze bis in den Haltepunkt fahren musste, um über die Einfahrweiche in Küchwald zu kommen (Bild mit 266 015 am 12.02.2010). In unmittelbarer Nachbarschaft zum Haltepunkt steht die ehemalige Knopffabrik, links zu sehen.
Nun lassen wir den Haltepunkt Chemnitz-Borna hinter uns, im Hintergrund sehen wir wieder die Knopffabrik. Ein Leerzug nach Profen mit 266 028 an der Spitze rollt gleich in die Linkskurve im Einschnitt, wo sich (vermutlich maximal bis in die 1960er Jahre) die Blockstelle Chemnitz-Borna befand (km 56,3 KC). Leider sind dazu keine Bildbelege bekannt (Bild vom 12.11.2010).

Wie sich die Heimat in zwei Jahrzehnten wandelt:

April 1997: Ein „Leergips“ mit BR 232 nähert sich aus Richtung Wüstenbrand dem Bahnhof Küchwald. Über Lok und erstem Wagen ist das Befehlstellwerk 1 zu sehen. Darüber das wenige Tage zuvor (4. April) stillgelegte Heizkraftwerk Nord I. Links ragen vor dem Heizkraftwerk Nord II in Furth die Hallen der Bornaer Stahlgießerei hervor. Auch das Silo, durch welches die Wagen am Ufer der Chemnitz mit Gips beladen werden, ist zu sehen. Die rechte Bildhälfte prägen das Pfarrhaus, die „Knopffabrik“ und die 1951 eingeweihte Gnadenkirche (rechts angeschnitten). Dazwischen ist schwach der Haltepunkt an der Leipziger Strecke durch kahle Vegetation erkennbar.
„Heute“ (März 2016): Was fällt auf den ersten Blick auf? Es kam reichlich Farbe hinzu! Die Hallen der Stahlgießerei sind ab 2011 großteils gewichen und geben den Blick u.a. auf das Tanklager am Dammweg frei. Die Waldorfschule hat ein zusätzliches blaues Gebäude erhalten. Das alte Heizkraftwerk (Nord I) wurde bereits 2004 abgerissen. Das Pfarrhaus hat neben neuer Farbe auch eine „Fressbeule“ erhalten. Der deutlich fortgeschrittene Bewuchs lässt auch in der kahlen Zeit keine Sicht mehr auf die (tote) Hausstrecke zu. Ein RE6 nach Leipzig quert die Auerswalder Straße.

Ein großes Dankeschön geht an Siegfried Bergelt und Volker Dornheim für die zur Verfügung gestellten historischen Aufnahmen, sowie an Jens Herbach für die Informationen auf seiner Homepage.

© 2015-17 MBC

Quellen:

Frister, Thomas (2002). Meisterfotos aus der Dampflokzeit. Band 3: Bahnanlagen in Sachsen. Fotografiert von Günter Meyer. Gera/Freiburg: EK-Verlag. S.59.

Herbach, Jens (2014). http://www.sachsenschiene.net/bahn/sys/index2.htm (zuletzt abgerufen am 02.01.2015)

Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Chemnitz-Borna-Heinersdorf (zuletzt abgerufen am 02.01.2015)

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