150 Jahre Eisenbahn in Geithain, Rochlitz, Penig und Limbach
Inhaltsverzeichnis
Der 8. April 1872 ist ein denkwürdiges Datum für die Eisenbahn in Mitteldeutschland. Das sächsische Eisenbahnnetz war in der Blüte seiner Expansion. Drei miteinander verbundene Regelspurstrecken wurden an diesem Tag feierlich eröffnet:
Borna – Geithain – Narsdorf – Wittgensdorf – Chemnitz
Rochlitz – Narsdorf – Penig
Limbach – Wittgensdorf
(Die hier verwendeten Ortsbezeichnungen entsprechen den Stationsnamen von 1872.)
Strecke (Kieritzsch -) Borna – Chemnitz
Vorgeschichte
Mitte des 19. Jahrhunderts waren im Königreich Sachsen die großen Städte an die Eisenbahn angeschlossen. Von dem 50 Jahre später so dichten Netz war man jedoch weit entfernt. Es war eine Zeit – heute kaum noch vorstellbar – in der vor allem Städte um einen Bahnanschluss rangen. Die Eisenbahn war das erste zuverlässige, kaum wetterabhängige, Verkehrsmittel und stand für wirtschaftlichen Aufschwung, Mobilität und Innovation. Der Landstrich zwischen Leipzig, Riesa, Chemnitz und Glauchau war 1860 noch nicht von Eisenbahnen erschlossen. Folgerichtig kämpften mehrere regionale Eisenbahnkomitees um die ihrer Meinung nach geeignetste Streckenführung.
Über Lausigk oder Borna? Über Burgstädt oder über Penig und Limbach? Zumindest die Beantwortung der ersten Frage nahm die Stadt Borna zu einem großen Teil selbst in die Hand: Auf eigene Rechnung leistete man sich vom Bahnhof Kieritzsch, an der Sächsisch-Bayerischen Bahn, eine Gleisanbindung. Im Herbst 1865 begann der Bau und am 14. Januar 1867 ging die 6,75 km lange Strecke Kieritzsch – Borna über Lobstädt in Betrieb. Ein in dieser Form einmaliger Vorgang in Sachsen!
Das dürfte die Entscheidung beeinflusst haben, die erste Direktverbindung Chemnitz – Leipzig über Borna zu führen. Am 30. Mai 1868 verabschiedete der Landtag den Bau und Betrieb einer zweigleisigen Staatseisenbahn von Chemnitz über Wittgensdorf, Burgstädt und Lunzenau mit Anschluss an die Sächsisch-Bayerische Eisenbahn. Die Städte Rochlitz, Limbach und Penig sollten über eingleisige Zweigbahnen an diese angebunden werden. Die genaue Linienführung war aber zu dem Zeitpunkt noch nicht fix.
Ein Jahr später – der Bau hatte schon begonnen – stand die Trassenführung fest. Der Lückenschluss erfolgte in Borna. Die Privatbahn nach Kieritzsch kaufte der sächsische Staat der Stadt Borna zum Preis der Baukosten ab. Zweigleisig war zunächst nur der Abschnitt Wittgensdorf – Chemnitz. 1881 baute man hier das zweite Gleis wieder ab, verlegte es 1889 aber erneut. „Wir bauen auf und reißen nieder, …“ lautete auch damals schon die Devise.
Auch um 1870 waren nicht alle von der Eisenbahn begeistert. Insbesondere die Landbevölkerung befürchtete Nachteile, z. B. steigende Kriminalität und Abwanderung von Arbeitskräften.
Bau
Aufgeteilt in sieben Sektionen liefen im April 1869 die Bauarbeiten zunächst zwischen Chemnitz, Wittgensdorf und Cossen an und waren zum Jahresende 1871 auf allen drei Strecken weitgehend abgeschlossen. Zwischen 3200 und 6100 Arbeiter kamen, zumeist nur mittels Spitzhacke und Muskelkraft, in den drei Baujahren zum Einsatz. 36 ließen ihr Leben. Allein das Aufschütten der Dämme und Anlegen der Einschnitte ohne schwere Technik stellte einen bemerkenswerten Kraftakt dar.
Betrieb
Nur ein paar Schlaglichter sollen hier erwähnt sein. Nähere Informationen zu einzelnen Aspekten folgen in den Bildunterschriften. Für ausführlicheres Studium, siehe Literaturhinweise.
Zu Reichsbahnzeiten lief der durchgehende Reiseverkehr zwischen Leipzig und Chemnitz planmäßig stets über Bad Lausick. Ab August 1933 kamen – erstmals in der RBD Dresden – Verbrennungstriebwagen zum Einsatz. Diese bewährten sich gut, mussten aber zu Kriegsbeginn wieder durch Dampfloks ersetzt werden.
Zum 1. Oktober 1934 änderten sich die RBD-Grenzen. Waren unsere Jubiläumslinien bis dahin vollständig der RBD Dresden zugeordnet, wechselte der Abschnitt Kieritzsch – Geithain (bis km 26,85 KC) fortan zur RBD Halle. Ab 1955 wanderte die Direktionsgrenze erneut, nun an den km 34,31 KC (hinter Narsdorf Bogendreieck). Somit gehörte auch ein Teilstück zwischen Rochlitz und Penig seitdem zur RBD Halle.
Eine Hauptlebensader der Strecke war der Braunkohlentransport aus dem Raum Borna/Lobstädt. Mit der Eisenbahn entstanden ganz neue Absatzmöglichkeiten. Mit der Teilung Deutschlands gewann der regionale Rohstoff in der DDR immens an wirtschaftlicher Bedeutung hinzu. In den 1960er-Jahren war der Zustand der Gleise auf einem historischen Tiefpunkt. Zwischen Wittgensdorf und Chemnitz waren nur noch 30 km/h zulässig. Demzufolge gaben die Reisegeschwindigkeiten reichlich Anlass für Hohn und Spott der Bevölkerung.
Am 31. Mai 1992 nahm die Deutsche Reichsbahn in Sachsen die erste „RegionalSchnellBahn“ (RSB) – die spätere Regionalexpresslinie 6 – auf der Relation Chemnitz – Bad Lausick – Leipzig in Betrieb. Zum Einsatz kam die Baureihe 232 mit jeweils fünf Byu-Wagen (redesignte Bmh) in den damaligen Produktfarben Lichtgrau/Minttürkis. Die Fahrzeit betrug 85 Minuten, die einfache Fahrt kostete 12,00 DM. Durchgehenden Schnell- bzw. Regionalexpressverkehr über Borna gab es nur zwischen 1994 und 2005. In dieser Zeit fuhr man wechselweise über Borna oder Bad Lausick (jeweils Zweistundentakt).
Stationen
Näher eingegangen wird in diesem Kapitel nur auf Stationen, die bereits am 8. April 1872 mit der Bahnlinie in Betrieb genommen worden sind. Später hinzu kamen die Haltepunkte Petergrube (1950), Neukirchen-Wyhra (1902), Frauendorf (1876-2004) und Borna bei Chemnitz (1901). Frauendorf (Sachs) und Neukirchen-Wyhra waren zeitweise auch zu Bahnhöfen erhoben worden. In letzterem zweigte zwischen 1937 und 1947 die „Querbahn“ nach Großbothen über Bad Lausick ab. Mit dem Bau drei neuer Bahnlinien entstand 1902 im Chemnitzer Stadtgebiet die Zweigstelle Küchwald, später Vorbahnhof Küchwald und seit 2018 „Chemnitz Küchwald“ genannt.
Borna / Borna (b. Leipzig) – alter und neuer Bahnhof
Der Bahnhof Borna (b. Leipzig), wie wir ihn heute kennen, ist keine 150 Jahre alt, sondern entstand im Zuge einer Neutrassierung im Jahr 1904. Ursprünglich lag der Bahnhof Borna rund einen halben Kilometer weiter nordöstlich. Der zentraler gelegene alte Bahnhof hatte ein Empfangsgebäude, das sehr ähnlich dem von Rochlitz war. Es wurde 1991 durch einen Brand zerstört. Die eigentlich günstigere Lage gab auch den Ausschlag für das Ende: Es waren keine Erweiterungen mehr möglich, sodass „auf der Wiese“ neu begonnen wurde. Nach der Verlegung blieb der alte Bahnhof als Anschlussgleis bis in die 1990er-Jahre von Norden her an das Netz angebunden.
Frohburg
Geithain
Narsdorf
Narsdorf Stellerei III (ab 1927: Bk Gräfenhain; ab 1930: Narsdorf Stw 3; ab 1956: Narsdorf Bogendreieck, W 58)
Cossen
Burgstädt
Wittgensdorf (ab 1927: Wittgensdorf ob Bf)
Bahrmühle (ab 1898: Mittelwittgensdorf; ab 1927: Wittgensdorf Mitte)
Blockstellen
In Vergessenheit geraten, sind die Blockstellen, welche einst die Streckenkapazität deutlich erhöht haben.
Folgende Blockstellen befanden sich zwischen Geithain und Chemnitz:
Bk Wickershain (km 28,49 KC)
Bk Gräfenhain / Narsdorf Bogendreieck (km 32,65 KC / km 11,02 RP)
Bk Himmelhartha (km 36,05 KC)
Bk Heiersdorf (km 43,85 KC)
Wittgensdorf Mitte (km 54,34 KC)
Bk Chemnitz-Borna (km 56,30 KC)
Die meisten Blockstellen wurden in den 1960-80er-Jahren wegrationalisiert. Mitte 2005 wurde als letzte die Blockstelle in Wittgensdorf Mitte aufgegeben.
Kunstbauten
Die Strecke ist für ihre Viadukte aus Naturstein bekannt. Die Brücken in Burgstädt und Cossen (verfüllt 1968) entstanden aus Mangel an Erdmassen für Dammaufschüttungen. Aus diesem Grund war auch die Göhrener Brücke beidseitig verlängert worden (auf Chemnitzer Seite mit einer gemauerten Stützwand).
Nur rund 800 Meter hinter der Göhrener Brücke befand sich bei km 39,07 KC das Cossener Viadukt. Es besaß sechs Öffnungen und war dem Geithainer Viadukt sehr ähnlich. 99 Jahre nach seiner Erbauung wurde es 1968 verfüllt. Lediglich ein verkleinerter Durchlass blieb für einen Wirtschaftsweg erhalten.
Strecke Rochlitz – Narsdorf – Penig
Die Strecke begann und endete im Tal der Zwickauer Mulde, folgte diesem aber nicht. Daraus ergaben sich in beide Richtungen starke Steigungen, die zu überwinden waren. Mit der Inbetriebnahme wies die Strecke folgende Zwischenstationen auf: Köttwitzsch, Breitenborn, Narsdorf und Langenleuba. Erst 1913 bekam Obergräfenhain seinen Haltepunkt.
Schon mit der Inbetriebnahme der Muldentalbahn büßte die RP-Linie nach wenigen Jahren nicht unerheblich an Bedeutung ein. Folgerichtig wurde die Strecke im Oktober 1878 zu einer „Secundärbahn“ (Nebenbahn mit untergeordneter Bedeutung) herabgestuft. Schrankenanlagen und Wärterhäuschen wurden teilweise wieder abgebrochen.
Infolge der Reparationszahlungen nach dem II. Weltkrieg demontierte man im Spätsommer 1947 das Gleis zwischen Rochlitz und Narsdorf vollständig. Ab 1963 erfolgte der Wiederaufbau und die Inbetriebnahme im Februar 1965. Zunächst diente die reaktivierte Verbindung nur dem Güterverkehr und Loktausch, ehe zum Winterfahrplan 1968/69 ein bescheidener Wochenendverkehr eingerichtet wurde. Das Angebot wurde später sukzessive erweitert. Beispielsweise gab es 1992 Durchläufer von Chemnitz über Narsdorf und Rochlitz bis Waldheim.
Der Mangel an Fahrdienstleitern in Langenleuba-Oberhain war Anlass, die Reiseverbindung nach Penig ab 27. Mai 1990 einzustellen. Der Abschnitt Penig – Langenleuba-Oberhain war fortan ein Bahnhofsgleis von Penig. Der Bf Langenleuba-Oberhain war nun unbesetzt und der Peniger Ast mittels Gleissperre gesichert. Zwischen Narsdorf und Langenleuba-Oberhain verkehrten noch fünf Jahre lang die Reisezüge nach Altenburg.
Strecke Limbach (Sachs) – Wittgensdorf ob Bf
Mit der Streckeneröffnung gab es zunächst durchgängigen Verkehr zwischen Limbach und Chemnitz in Form kombinierter Reise- und Güterzüge (Pmg/Gmp). Auch auf der LW galt ab 15. Oktober 1878 der „Secundärbetrieb“. Genau wie Penig und Rochlitz war der Bahnhof Limbach zunächst ein Endbahnhof. 1897 kam die Linie nach Wüstenbrand hinzu und 1913 schließlich die Verbindung nach Oberfrohna.
Quo vadis? – Gibt es eine Zu(g)kunft für die drei Jubiläumsstrecken?
Drei Eisenbahnstrecken, die heute 150 Jahre alt sind bzw. wären, sind in diesem Beitrag behandelt worden. Wie sehen die Zukunftsperspektiven für diese Linien aus? Hier muss man differenzieren:
Neukieritzsch – Borna – Geithain – Chemnitz
Vergleichsweise rosig ist die Zukunft für die Schienenverbindung zwischen Leipzig und Chemnitz, zumindest in puncto Personenverkehr. Der Abschnitt (Leipzig Hbf – Bad Lausick -) Geithain – Chemnitz Hbf wird voraussichtlich in zehn Jahren elektrifiziert sein. Die Streckenkapazität wird sich im Zuge dessen wieder deutlich erhöhen, denn die Streckenabschnitte Narsdorf – Cossen und Burgstädt – Wittgensdorf ob Bf werden wieder ein zweites Gleis erhalten. Angestrebt ist eine 30-Minuten-Taktung der Nahverkehrszüge. Sehr wahrscheinlich wird es mit dem Abschluss der Elektrifizierung auch eine IC/ICE-Verbindung via Geithain geben. War doch die fehlende Oberleitung immer das Hauptargument von Politik und DB AG, dass es keine Fernverkehrsanbindung nach Chemnitz von Leipzig her geben kann. (Wie schaffen die das nur in Gera, Oberstdorf oder Westerland ohne Fahrdraht?)
Geplant ist, ab Dezember 2023 die lokbespannten Eilzüge durch batteriebetriebene Triebwagen zu ersetzen. Diese beschafft der Verkehrsverbund Mittelsachsen und schreibt sie dem künftigen Betreiber vor. (Analog wird es mit der BR 1440 seit Juni 2016 zwischen Dresden und Hof / Chemnitz und Elsterwerda praktiziert.) Nach Abschluss der Elektrifizierung sollen die Triebwagen zu reinen Elektrotriebwagen umgebaut und weiterverwendet werden. Als vorbereitende Maßnahme für den Einsatz der Batteriezüge elektrifizierte man in Chemnitz Hbf das Gleis am Bahnsteig 5 im Dezember 2021 wieder, damit die Züge sich über den Fahrdraht in der Wendepause abwechselnd am Bahnsteig 5 und 6 aufladen können. Es wird demzufolge in Chemnitz Hbf keine 6-Minuten-Wendezeit mehr geben. Dies wird der Fahrplanzuverlässigkeit zuträglich sein, da Folgeverspätungen vermieden werden.
Für den Schienengüterverkehr sieht die Prognose deutlich bescheidener aus. Sicherlich wird die Elektrifizierung zwischen Geithain und Chemnitz die Route für Durchgangsgüterverkehr attraktiver machen. Dies wird aber wohl nur zu Umleitungs-/Entlastungszwecken für den Fall, dass die Strecke Leipzig – Gößnitz – Werdau gesperrt ist, eine Rolle spielen. Ihre heute noch gewichtige Aufgabe für das Heizkraftwerk Chemnitz Nord II wird die Strecke nach heutigem Stand im Dezember 2023 verlieren. Die vollständige Umstellung von Braunkohle auf Erdgas als Energieträger soll dann vollzogen sein.
Rochlitz – Narsdorf – Penig
Um es kurz zu machen: Der Abschnitt Narsdorf – Penig ist Vergangenheit! Die Stadt Penig wird langfristig keine SPNV-Anbindung mehr haben, und wenn, dann nicht über die alte RP-Trasse. Diese ist, wie in Bildtexten weiter oben bereits erwähnt, teilweise zur vierspurigen BAB 72 umgewidmet worden.
Nicht ganz so hoffnungslos, aber reichlich ernüchternd, ist die Sachlage im Abschnitt Rochlitz – Narsdorf. Die Tatsache, dass die Große Kreisstadt Rochlitz seit nunmehr über zwanzig Jahren nicht mehr über einen Bahnanschluss verfügt, ist nicht weniger als ein großes Armutszeugnis aller an diesem Zustand Beteiligten! (Für die Strecke Glauchau – Rochlitz – Großbothen ist auch belegt, dass deren sukzessiver Niedergang nicht nur auf Unvermögen, sondern auf systematische Angebotsverschlechterung zurückzuführen ist. Das ist aber ein anderes Thema.)
Warum ist das so? Wie so oft sicher ein Konglomerat. Ein gewisser „Autobuslobbyismus“ um die Jahrtausendwende, Desinteresse von DB AG und lokaler Politik und das Grenzgebiet zwischen den Verkehrsverbünden sind dabei nicht zu unterschätzende Größen. Die fünf(!) sächsischen Verkehrsverbünde sind dafür bekannt, dass „über den Tellerrand blicken“ nicht zu ihren Kernkompetenzen gehört. Eine logische Folge dieser überdenkenswerten Kleinstaaterei im sächsischen ÖPNV.
Zum Zweck der Großen Kreisstadt Rochlitz – die wesentlich weniger Einwohner als Penig hat – wieder einen Bahnanschluss zu verschaffen, sind im Laufe der Jahre zwei Varianten (zer-)diskutiert worden:
- Leipzig – Grimma – Großbothen – Colditz – Rochlitz
- a) Chemnitz – Narsdorf – Rochlitz / b) Leipzig – Geithain – Rochlitz
Realistischer erscheint meines Erachtens Variante 2. (Was nicht heißt, dass Variante 1 nicht ebenso wünschenswert wäre.) Warum? Die Strecke Rochlitz – Narsdorf ist vollständig erhalten, vergleichsweise kurz und verfügt im Gegensatz zur Muldentalbahn über keine unterhaltungsaufwändigen Kunstbauten. Eine Direktverbindung Chemnitz – Rochlitz in zirka 30-35 Minuten wäre wohl unbestreitbar attraktiv. Investitionsbedarf gibt es vor allem bei der Wieder- bzw. Neuanbindung an das Streckennetz in Narsdorf. Wünschenswert wäre eine Verbindungskurve in Richtung Geithain/Leipzig oder das Flügeln in Narsdorf. Die Elektrifizierung und die Neuerfindung von Akku-Triebwagen lässt eine Anbindung an das Leipziger S-Bahnnetz greifbar erscheinen. Mitte 2020 bekundete der ZVMS öffentlich, die Reaktivierung zu unterstützen und Leistungen auf der Strecke bestellen zu wollen.
Limbach-Oberfrohna
Limbach-Oberfrohna, eine Große Kreisstadt und deutlich einwohnerstärker als Rochlitz, teilt mit dieser den Umstand, seit über zwei Jahrzehnten nicht über eine SPNV-Anbindung zu verfügen. Immerhin steht aber bei „L-O“ fest, dass dies nicht so bleiben soll. Auch wenn es reichlich lange dauert, soll Limbach-Oberfrohna voraussichtlich in den späten 2030er-Jahren eine Anbindung an das „Chemnitzer Modell“ erhalten. Dies wird aber in weiten Teilen auf einer Neubaustrecke erfolgen. Der Haken über Hartmannsdorf und Wittgensdorf erscheint als zu großer Umweg. Die zwischenzeitlich favorisierte Variante auf Teilen der alten LWd-Trasse über Kändler und Röhrsdorf wird ebenso verworfen. Die Röhrsdorfer wollen dem VMS zufolge mehrheitlich keine Bahn. Zumindest wollen sie nicht auf den, dann parallelen, Busverkehr verzichten. Wenn die Straßenbahn dereinst das Chemnitz-Center von der Innenstadt her erreicht, rückt eine Verlängerung entlang der früheren B 95 und die Einbindung in die alte LW-Trasse im Bereich Ostring in greifbarere Nähe. Leider bekommt die Stadt Chemnitz es aber bis 2025 nicht einmal hin, den Innenstadtring zu vervollständigen – die erste Etappe der Neubaustrecke. Der Titel „Kulturhauptstadt 2025“ verlangsamt die Mühlen noch zusätzlich, will man in diesem Jahr doch keine innerstädtischen Großbaustellen haben. Und vorher fertig zu werden, ist keine Option. Chemnitz ist eine Autostadt, und wird es noch lange bleiben.
Übrigens: Dass zum 150. Jubiläum der drei Bahnstrecken keine nennenswerten Festveranstaltungen bekannt sind, spricht auch Bände. Wobei das vor 50 Jahren auf den drei Linien ganz ähnlich war. Die Rbd Halle ignorierte das Jubiläum, während in Burgstädt – maßgeblich initiiert von Reichsbahn-Oberamtmann Günther Meyer – am 11. Juni 1972 (Tag des Eisenbahners) eine Festveranstaltung stattfand.
Quellen und Literaturhinweise
- Berger, Thomas; Dietrich, Jochen: 125 Jahre Eisenbahn. Borna – Narsdorf – Wittgensdorf – Chemnitz. Rochlitz – Narsdorf – Penig. Limbach – Wittgensdorf. 1872 – 8. April – 1997, Festschrift, Sächsische Eisenbahngeschichte – Heft 2, Verein Sächsischer Eisenbahnfreunde e.V. (Hrsg.) 1997
- Herbach, Jens (2002-2022) [online] Sachsenschiene.de – Eisenbahnen in Sachsen, letzter Abruf 2022-03-06
- Kluttig, Steffen: Schienenverbindungen zwischen Chemnitz und Leipzig, Bildverlag Böttger GbR, Witzschdorf 2006
- Petrak, Andreas W.: Damals … Fotografische Erinnerungen an die Eisenbahnen Rochlitz – Narsdorf – Altenburg. Penig – Langenleuba-Oberhain, edition bohemica, Band 1, Goldkronach 2016
- Bahnstrecke Neukieritzsch – Chemnitz – Wikipedia [online], letzter Abruf 2022-03-06
- Bahnstrecke Rochlitz–Penig – Wikipedia [online], letzter Abruf 2022-03-27
Abkürzungsverzeichnis
Bf = Bahnhof
Bk = Blockstelle
BR = (Triebfahrzeug-)Baureihe
EG = (Bahnhofs-)Empfangsgebäude
Hbf = Hauptbahnhof
Hp = Haltepunkt
KC = Bahnstrecke Neukieritzsch – Chemnitz Hbf
LW = Bahnstrecke Limbach (Sachs) – Wittgensdorf ob Bf
LWd = Bahnstrecke Limbach (Sachs) – Wüstenbrand
Rbd = Reichsbahndirektion
RP = Bahnstrecke Rochlitz – Penig
SPNV = Schienenpersonennahverkehr
ZVMS = Zweckverband Verkehrsverbund Mittelsachsen
Der Autor bedankt sich recht herzlich bei den Herren Maik Ampft, Siegfried Bergelt, Jens Herbach (www.sachsenschiene.de) und Dirk Schüttler für das zur Verfügung gestellte Bild- und Datenmaterial!
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