Der Ruf der Bergkönigin – 95 027 zurück um Sonneberg [überarbeitet 11/2018]

Kapitel 1 – Rückkehr von 95 027 auf die Strecke Sonneberg – Lauscha – Neuhaus a. Rennweg

Wenn eure Majestät die Bergkönigin ruft, dann erscheinen fast alle. Der Begriff steht unter Eisenbahnfreunden für die preußische T 20 alias Baureihe 95. Sie bildete bis in die frühen 1980er Jahre das Rückgrat auf den Mittelgebirgsstrecken des Thüringer Schiefergebirges. Stammstrecke war die Relation Saalfeld – Probstzella – Sonneberg – Eisfeld. Die beiden auf Kohlefeuerung zurückgebauten Museumsloks 95 1016 und 1027 konnten noch bis 1994 bei Plandampfaktionen gemeinsam an alte Zeiten erinnern. Nachdem 95 1016 noch bis 1996 hin und wieder auf den alten Stammstrecken rund um Sonneberg zum Einsatz kam, dauerte es nahezu zwei Jahrzehnte bis 95 027 wieder durch Thüringen dampfen konnte. Der Anlass „100 Jahre Eisenbahn in Neuhaus am Rennweg“ brachte die bullige 1923 von Hanomag gelieferte Maschine am 15. September 2013 vor einem Sonderzug von Meiningen in die heimischen Gefilde. Leider können auf dem landschaftlich reizvollen Abschnitt Ernstthal – Probstzella seit 1997 keine Zugfahrten mehr stattfinden. Trotz widrigster Wetterverhältnisse war das lang ersehnte Comeback der Bergkönigin ein Großereignis, an welchem sich die Fans und Einheimische scharenweise beteiligten.

Am recht dusteren Morgen erreicht der bestens ausgelastete Sonderzug Themar.
Der Bahnhof Veilsdorf verfügt noch über Signaltechnik sowjetischer Bauart.
Zwischen Veilsdorf und Eisfeld gelang bei Harras noch dieser Seitenschuss.
In Eisfeld gab es den ersten Wasserhalt. Vor gut vier Jahrzehnten begegnete 95 027 hier noch ihren kleinen Schwestern der Baureihe 99.23, welche auf der Meterspurstrecke nach Schönbrunn im Einsatz standen. Heute sind beide im Harz beheimatet.
Nun beginnt der Anstieg ins Thüringer Schiefergebirge, hier die Steigung am Katzberg.
Nachdem in Rauenstein der erste Fahrtrichtungswechsel erfolgte, begegnet uns die Bergkönigin wieder in Mengersgereuth-Hämmern, kurz „Meng-Hämm“.
Nach Kreuzung mit dem Planzug nach Sonneberg verlässt der Zug Blechhammer.
Mein Wunschmotiv: Die Ausfahrt Lauscha in Richtung Ernstthal.
Nach einem letzten Richtungswechsel in Ernstthal erklimmt die 95 die Rampe nach Neuhaus am Rennweg, auch akustisch ein Genuß.
Der längere Aufenthalt in Neuhaus am Rennweg wurde genutzt, um einen freien Blick auf das Lauschaer Viadukt zu suchen. Glücklicherweise wurde ich fündig. Im hellsten Moment des Tages rollt der Train in den Spitzkehrenbahnhof der Glasbläserstadt.
Es folgt eine weitere Fahrt hinauf nach Neuhaus, wieder muss das Viadukt Lauscha als Motiv herhalten. Im Vordergrund die Strecke von Sonneberg.
Mit 830 Metern ü.NN. ist Neuhaus am Rennweg der höchste Bahnhof Thüringens. Am 15. September herrschte hier reges Treiben. Der Sonderzug erreicht gerade zum zweiten Mal den Endpunkt der Stichstrecke. Zwischen 1968 und 2002 ruhte hier der Reiseverkehr gänzlich.
Der Bahnhof Lauscha hat bis heute wenig von seinem Charme eingebüßt und bietet für die 95 noch das passende Ambiente. Nochmals rollt sie in den Bahnhof von Ernstthal kommend.
Schief, Schiefer, 95 0010! Die der Ordnungsnummer vorangestellte Null erinnert uns daran, dass die Maschinen des Bw Probstzella in den 1970er Jahren mit Ölhauptfeuerung unterwegs waren. Unsere 027 hatte diese vom 06.12.1971 bis zum 27.12.1982.
Für lokbespannte Züge ohne Steuerwagen ist die Betriebssituation in Lauscha umständlich. Zusätzlich zum Umsetzen der Lok ans andere Zugende muss der Zug dafür nämlich von den Bahnsteigen weggesetzt werden, da die Umfahrweichen alle im Vorfeld liegen. Im heutigen Planbetrieb mit Triebwagen ist das natürlich kein Thema mehr. Glücklicherweise werden die Gleisanlagen aber weiterhin in vollem Umfang vorgehalten, sodass unser Sonderzug die alten Zeiten wieder aufleben lassen kann.
Nun verlassen wir Lauscha wieder gen Sonneberg. Hoffen wir, dass bis zum nächsten Mal nicht wieder 19 Jahre vergehen müssen! (Nein, heute wissen wir, dass bereits drei Jahre später der nächste Besuch anstand.)
Ein letzter Klassiker musste noch abgearbeitet werden, das Viadukt in Sonneberg-West. Auch wenn die Bäumchen mächtig groß geworden sind, war die Sicht auf das Bauwerk besser als erhofft.
Der letzte Richtungswechsel für diesen Tag war wieder in Rauenstein, es folgt die Durchfahrt Schalkau.
In Eisfeld beenden wir unsere Reise mit 95 027 auf angestammten Pfaden, fürs Erste.

Kapitel 2 – Drei Bergköniginnen in der Einsatzstelle Sonneberg nach 35 Jahren

Anlässlich „50 Jahre Eisenbahnfreunde Sonneberg e.V.“ organisierte der Verein eine Zusammenkunft von drei erhaltenen T 20 in ihrer alten Wirkungsstätte. 95 016 aus Neuenmarkt-Wirsberg, 95 027 aus Blankenburg/Harz und 95 009 der PRESS (damals Glauchau) erinnerten gemeinsam an die bis 1981 währende Dampflokzeit in Sonneberg. 95 027 pendelte gemeinsam mit 112 703 zweimal pro Tag nach Lauscha bzw. Rauenstein.

Am Morgen des 24.09.2016 werden die drei 95er in Sonneberg von der Morgensonne beleuchtet. Die Gleise wurden kurz zuvor nach jahrelangem Dornröschenschlaf vom Wildwuchs befreit. Die Drehscheibe war aber noch tabu.
95 009 war von 1984 bis 2014 in Dieringhausen untergebracht. Seit Frühjahr 2018 hat sie ihr Domizil wieder in Sonneberg. Sie besitzt noch Ölfeuerung, während die anderen beiden Gäste nur zu Fotozwecken eine „Ölnummer“ erhalten haben.
Im Vergleich zum letzten Besuch, drei Jahre zuvor, war das Wetter recht freundlich. Die Ausfahrt Lauscha am 24.09.2016, 112 703 hängt am Zugschluss.
Die nachmittägliche Fahrt nach Rauenstein übernahm 95 027 allein. Hier bei der Ausfahrt aus dem Spitzkehrenbahnhof in Richtung Sonneberg.

© 2013/2018 MBC

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