Der Molli

Am 9. Juli 1886 ging der erste Abschnitt der 900-mm-Schmalspurbahn zwischen Bad Doberan und Heiligendamm in Betrieb, 1910 erfolgte die Verlängerung zum Ostseebad Arendsee (heute Ostseebad Kühlungsborn West). Der Güterverkehr spielte auf der 15,4 km langen Ausflugsbahn stets eine untergeordnete Rolle und wurde 1969 eingestellt. Seit 1995 ist der „Molli“ wieder privatisiert und sein Fortbestehen scheint gesichert.

Die Fotos sind jeweils nach Streckenverlauf und Fahrtrichtung geordnet. Wir beginnen unsere Reise in Kühlungsborn West.

Der Bahnhof Kühlungsborn West

Am Morgen des 2. Juli 2012 beendet 99 2323 ihre Nachtruhe und verlässt das Heizhaus.
Während 99 2323 schon mit dem ersten Zug nach Bad Doberan bereitsteht, verlässt nun auch 99 2322 ihr Nachtquartier (02.07.12).
Morgenstimmung am 2. Juli 2012.
Neben den drei Maschinen der Reihe 99.32 standen beim Molli ab 1961 auch die von der SDAG Wismut übernommenen 99 331-333 im Einsatz. 99 333 wurde bereits 1968 ausgemustert. 99 2331 ist als Reservelok für die Wintermonate betriebsfähig. 99 2332 war bis 1995 im Einsatz und ist nun als Ausstellungsstück in den Sommermonaten an der Schauanlage in Kühlungsborn West ausgestellt. (01.07.12)

Hinfahrt (I): Kühlungsborn West – Heiligendamm

Der Bahnhof Kühlungsborn West ist seit Anfang der 1990er Jahre betrieblich nicht mehr besetzt, somit ist auch das Einfahrsignal nicht mehr aktiv, glücklicherweise blieb es erhalten. 99 2323 passiert mit dem Morgenzug nach Bad Doberan das beliebte Fotomotiv (02.07.12). Das Einfahrsignal wurde am 03.11.12 abgebaut. Es wird vom Verein zur Traditionspflege des Molli aufgearbeitet und soll anschließend wieder am Originalstandort aufgestellt werden.
Die drei 1932 von Orenstein & Koppel gelieferten Exemplare der Baureihe 99.32 mussten 76 Jahre auf die Geburt der vierten Schwester warten. 2008/09 wurde mit 99 2324 ein nahezu identischer Neubau im Dampflokwerk Meiningen erschaffen. Am 6. Juli 2012 war die Neubaulok im Einsatz.
Auch 99 2323 wirkt wie aus dem Ei gepellt, ihre Hauptuntersuchung wurde erst vor wenigen Wochen abgeschlossen. Leider wurde im Frühjahr 2012 auf ganzer Strecke die durchweg in gutem Zustand erhaltene Telegrafenleitung abgerissen, angeblich soll sie in naher Zukunft neu errichtet werden.
Nur etwa 400 Streckenmeter liegen zwischen den Stationen Kühlungsborn Mitte und Ost, wo 99 2323 am 4. Juli 2012 unterwegs ist.
1938 schlossen sich die Orte Ostseebad Arendsee, Brunshaupten und Fulgen zum Ostseebad Kühlungsborn zusammen. Der heutige Ostbahnhof trug bis dahin den Namen Brunshaupten. Ebenfalls in den 1930er Jahren erhielt die Station ein neues Empfangsgebäude. 99 2323 verlässt am 2. Juli 2012 den Bahnhof gen Bad Doberan.
Hinter Ost beginnt der Anstieg zur Steilküste. Der Bahndamm an der Fulgenniederung in Höhe Yachthafen wurde im Frühjahr 2012 von Grund auf erneuert. Da sich die Trasse hier auf einer Torflinse befindet, kam es immer wieder zu Absenkungen. 13 m lange Fertigmörtel-Stopfsäulen mit Basis im festen Erdreich bieten nun eine stabilere Grundlage. 99 2322 rollt von alledem unbeeindruckt mit ihren zehn Wagen darüber. Nur an dieser Stelle kann man Molli und Ostsee (andeutungsweise) gemeinsam aufs Bild bringen.
Parallel zur Steilküste verläuft die Kleinbahn auf schnurgerader Strecke. Der Bewuchs verhindert den Blick auf die See, es sei denn, man verfügt über Hebebühne, Drohne oder Hochstativ. 99 2321 erreicht gleich den Haltepunkt Steilküste (04.07.12).
Vor Heiligendamm erreicht die gerade Strecke ein Waldstück und wird wieder kurvig (04.07.12).

Hinfahrt (II): Heiligendamm – Bad Doberan

Das Heiligendammer Einfahrsignal aus Richtung Bad Doberan ist seit jeher ein beliebtes Fotomotiv. Seit Oktober’08 besitzt es einen Negativflügel. Bis Anfang der 1990er war der Standort des Einfahrsignals auf der linken Gleisseite. Rechts im Hintergrund ist das bekannte Kempinski-Grand-Hotel zu sehen, wo sich 2007 die Oberhäupter der G8-Staaten zu einer ergebnislosen Konferenz trafen und das Ostseebad festungsgleich in Ausnahmezustand versetzten. Der Transport der Journaille im „Sperrgebiet“ oblag übrigens der Bäderbahn. (02.07.12)
Bis zum Scheitelpunkt am Haltepunkt Rennbahn kann die Maschine zeigen, was in ihr steckt, und ihre Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ausfahren (05.07.12).
Das wohl bekannteste und am meisten fotografierte Motiv der Strecke ist die Bad Doberaner Ortsdurchfahrt auf der Goethe- und Mollistraße, quasi mitten durch die Fußgängerzone (02.07.12).
Nach einem kurzen Halt in Stadtmitte wird der Alexandrinenplatz gequert (02.07.12).
Der Bahnhof Bad Doberan ist erreicht, hier besteht Anschluss an die VT 642 auf der Relation Wismar – Rostock – Tessin (02.07.12).

Rückfahrt: Bad Doberan – Kühlungsborn West

Reisen wir nun zurück nach Kühlungsborn. Die letzten beiden Züge des Tages sind als „Einrücker“ in der Wagenzahl um etwa 50% reduziert. 99 2321 ist am Ortsausgang von Bad Doberan parallel zur Allee nach Heiligendamm unterwegs (05.07.12).
Der letzte Regelzug des Tages kreuzt am 5. Juli 2012 mit dem Traditionszug in Heiligendamm. An ausgewählten Donnerstagen im Juli und August gibt es ein abendliches Zugpaar mit dem „Hundertjährigen Zug“.
Die Ausfahrt Heiligendamm gen Steilküste ist auch akustisch empfehlenswert (04.07.12).
Der Zug biegt in die lange Gerade an der Steilküste (04.07.12).
Nördlich von Wittenbeck erreicht der Zug wieder den Haltepunkt an der Steilküste (04.07.12).
Ein paar Meter weiter bei Fulgen in Höhe Reiterhof (04.07.12).
Ein seitlicher Blick auf den neuen Bahndamm am Yachthafen (04.07.12).
Am 30. Juni 2012 gab es noch die alte Vollschranke mit Gitterbehang in Kühlungsborn Ost. Sie wurde am 12. November 2012 außer Betrieb genommen, die neue Halbschrankenanlage ging bereits am 29. November 2012 in Betrieb.
Die parallel zum Haltepunkt Mitte verlaufende Strandstraße war noch Anfang 2012 gepflastert, heute präsentiert sie sich frisch saniert, wie auch Gleis und Bahnsteig. Hinter der Lok ist ein Reetdachhaus zu erkennen (30.06.12).
Wir nähern uns wieder dem Ausgangspunkt. Der Regelzug ist um einen Traditionswagen verstärkt (30.06.12).
Einfahrt in den Bahnhof Kühlungsborn West mit seinem stattlichen Empfangsgebäude. Der vordere verputzte Teil stammt noch aus der Anfangszeit (1910) und wurde in den 1930ern großzügig erweitert. (01.07.12)
Vorbildlich aufgearbeitete Wagenkästen an der Lokeinsatzstelle erinnern an den bereits am 31. Mai 1969 zum Erliegen gekommenen Güterverkehr beim Molli. Zusätzlich unterhält der „Verein zur Traditionspflege des Molli“ auch einige historische Güterwagen betriebsfähig.

Der „Hundertjährige Zug“

Nun fehlt noch der „Hundertjährige Zug“: Am 5. Juli 2012 war er wieder nach Bad Doberan unterwegs, hier kurz vor Kühlungsborn Ost.
Dank einer Straßensperrung/Baustelle konnte diese Szenerie autofrei verewigt werden (05.07.12). Seit geraumer Zeit wird die Schrankenanlage nicht mehr durch Kurbelwerk bedient, sondern besitzt einen Motorantrieb.
Der heutige Traditionswagen Nr.17 hat eine wechselvolle Geschichte durchlaufen. Zunächst nicht für den Traditionspark vorgesehen, wurde der alte Wagenkasten 1983 durch einen neuen ersetzt. Als die „Reko-Wagen“ 990-205 und 990-206 Ende der 1990er Jahre für den Planbetrieb entbehrlich wurden, entstand bis 2003 aus ihnen wieder ein Schmuckstück.
Der Traditionszug wird gleich die Goethestraße am Ortseingang von Bad Doberan erreichen (99 2321 am 05.07.12).
Mit einem Nachschuss an gleicher Stelle verabschieden wir uns vom Molli. Allzeit gute Fahrt!

© 2012 MBC

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