Der 600-mm-Rundkurs im Küchwaldpark – die Chemnitzer Parkeisenbahn (Teil II: Streckenverlauf & Besonderes)

Der Streckenverlauf

Hier werden die Betriebsstellen und der grobe Streckenverlauf der Kilometrierung nach vorgestellt.

Bahnhof Küchwaldwiese (km 0,0/“2,3″; 1954-79: Bf Neues Leben, 1980-90: Bf Freundschaft)

Die knapp vier Jahrzehnte lang einzige Reisendenstation ist der Betriebsmittelpunkt. Hier beginnen und enden alle Reisezüge. Der Bahnhof Neues Leben war bei Betriebsaufnahme mit einem aufgeschütteten und einer Kante aus alten Schwellen bestückten Bahnsteig ausgestattet. Das kleine Stationsgebäude mit hölzernem Anbau war quasi als „Secondhandware“ aus Karl-Marx-Stadt–Reichenhain (Strecke Chemnitz – Adorf) versetzt worden.

Die beiden Formsignale wurden 1973 durch Lichtsignale abgelöst, welche wiederum 1993/94 durch modernere Hl-Signale ersetzt worden sind. Seither sind Durchfahrten möglich. Es handelt sich um ein Einfahrsignal (A) aus Richtung Bahnbetriebswerk und ein Ausfahrsignal (B) in Richtung Tennisplätze. 1980 ersetzte ein massiver Flachbau mit neuem, verlängerten Bahnsteig die bescheidenen Anlagen aus der Anfangszeit. Der Bahnsteig wurde zweigeteilt, um bei Hochbetrieb Reisendenein- und ausstieg örtlich trennen zu können. Mit Einzug der Dampftraktion bekam das Bahnhofsgelände 1996 auch einen Wasserkran. Eine Weiche erhielt die Station tatsächlich erst im Frühjahr 2001 und kann sich streng genommen seitdem zurecht „Bahnhof“ nennen. Das neue Stumpfgleis war zunächst als reines Abstellgleis mittels Gleissperre gesichert. Nach und nach wurde das zweite Gleis durch einen Bahnsteig, eine Weichenanbindung vom Bw her und ein eigenes Ausfahrsignal ergänzt. Somit sind nun Ein-, Aus- und Durchfahrten auf beiden Gleisen in gewohnter Fahrtrichtung möglich. Für Rangierfahrten in Gegenrichtung sind mehrere Ra 11 („W-Tafeln“) vorhanden.

In naher Zukunft soll das vorhandene Bahnhofsgebäude aufgestockt oder durch einen zweistöckigen Neubau ersetzt werden. Seit ca. 1980 war auch ein ex-Mitropa-Speisewagen der Deutschen Reichsbahn an der „Bahnsteigklause“ als Gaststättenraum vorhanden. Er wurde im Frühjahr 2000 vor Ort zerschnitten und anschließend verschrottet.

Ein Zug verlässt den „Bahnhof“ Küchwaldwiese im Mai 1991. Die Ausfahrt regelt ein Lichtsignal der ersten Generation. Der sich anschließende Wegübergang wird seit 1994 durch eine WSSB-Schranke mit Blinklicht gesichert, welche vom Fdl fernbedient wird.
Die beschriebene Bahnhofserweiterung, Zustand im Januar 2001. Nach gut 20 Jahren wurde auch der Bahnsteig gerade frisch erneuert und dabei um einige Zentimeter erhöht. Das neue Gleis erhält die ersten Betonschwellen.
Der Zustand im Jahr 2017: Links das 1980 erbaute Bahnhofsgebäude. Auch wenn im Alltag nur ein Gleis benötigt wird, nutzt man Gleis 2 beispielsweise bei den Durchfahrten der „Eilzüge“ regelmäßig. Ausfahrsignal B musste um einige Meter nach vorn versetzt werden. Bei der Gelegenheit wurde es nun schon zum dritten Mal durch ein jüngeres Lichtsignal ersetzt.

Unmittelbar nach dem Bahnhof quert die Bahn eine seit 1994 durch Schranken gesicherte Wegverbindung zwischen Küchwaldwiese und Cottaschneise. Anschließend werden der Sechserweg, die Cottaschneise und das Bächlein Sauborn erstmals gequert und der große Kinderspielplatz (früher: „Indianerspielplatz“) kommt rechts in Sicht.

Der Wegübergang Cottaschneise unterhalb des Spielplatzes war bis 1968 mit einer doppelschlägigen Vollschranke (Posten 1) gesichert. Das Kurbelwerk war durch ein Holzhäuschen geschützt. Einen Fernsprecher gab es auch. 1968 wurde es mithilfe einer Brigade Pioniereisenbahner abgerissen und die Böcke mit der Lok herausgezogen. Ein Grund für den Abriss seien häufig verklemmte Drahtzugleitungen gewesen. Auf dem Wegübergang wuchs außerdem ein Baum, der wohl von Jahr zu Jahr das Schrankenschließen mehr beeinträchtigte (Ein Danke an M. Dietel / L. Führig für die Informationen).

Weiter ansteigend nähert sich die Trasse langsam dem Küchwaldring und der Leipziger Straße (linkerseits).

(„Lehmkurve“; km 0,6)

Die stetig steigende Strecke nähert sich der Leipziger Straße (B 95) und schwenkt dann in einem 180°-Bogen nach rechts. Mit 30 Metern Radius ist die „Lehmkurve“ auch die engste im Küchwald. In Höhe des gedeckten Wagens befindet sich die Querung des Hauptflügelweges. Der Oberbau wird seit den 90er Jahren mit altbrauchbarem Schienenmaterial der CVAG bestückt. Seit den 00er Jahren finden vermehrt spezialangefertigte Betonschwellen der RAILBETON HAAS KG Verwendung.
Insgesamt zwölf niveaugleiche Wegübergänge befinden sich im Streckenverlauf, davon gegenwärtig neun unbeschrankt (zzgl. der Überweg vor dem Bw). Die Cottaschneise wird je einmal unter- und oberhalb des Kinderspielplatzes gequert.

Blockstelle Tennisplätze; seit 1992: Haltepunkt Tennisplätze (km 1,15)

Seit den Anfangsjahren besitzt der Rundkurs eine Blockstelle auf halber Strecke. Ein Zwergformsignal (C) gewährleistet den Betrieb des Streckenblocks. Eine ortsbediente Vollschranke sichert den Bahnübergang Sechserweg. Im Normalfall ist die Station mit je einem Block- und Schrankenwärter besetzt. Die Kommunikation mit dem Fdl Küchwaldwiese gewährleistet eine Fernsprechanlage. Bei Personalmangel ist die Blockstelle aufgelassen (Signal C in Fahrtstellung Hp 1, Schranken geöffnet). Im Winter 1991/1992 wurde ein Bahnsteig errichtet, der Haltepunkt Tennisplätze war geboren.

Geruhsames Treiben an den Tennisplätzen. Der Schrankenwärter wartet geduldig, während Lokführer Großer mit Parkbahnmaus Klaus und Osterhase ein Schwätzchen hält (Ostern 1998).
Blockstelle und Haltepunkt Tennisplätze im Winterschlaf 2001/02. Mit dem Austausch der Schrankenanlage (1999) änderte sich die Lage des Kurbelwerks.

Die Strecke verläuft nun in leichtem Gefälle parallel zum Cottaweg. Nachdem die Freilichtbühne rechterhand passiert ist, wird der Schaftreibeweg niveaugleich gekreuzt. Unmittelbar vor dem Schullandheim geht die Gefällestrecke im Rechtsbogen („Touristenkurve“) wieder in eine Steigung über. Nach einer weiteren Wegquerung kommen links die Bw-Anlagen in Sicht.

Haltepunkt Bahnbetriebswerk / Kosmonautenzentrum (km 1,8; 1998 bis 20??: Hp Bahnbetriebswerk)

Dieser Haltepunkt entstand nach dem Neubau des Bahnbetriebswerkes und ist zum Saisonbeginn 1998 in Betrieb genommen worden. Er befindet sich im Innenbogen in Höhe der Anschlussweiche zum Bw, in unmittelbarer Nachbarschaft zum Kosmonautenzentrum „Sigmund Jähn“. An dieser Stelle hielten zwischen 1994 und 1996 schon regelmäßig die dampflokgeführten Züge, um Kohle- und Wasservorräte zu ergänzen. Außer einem Bahnsteig und einem Stationsschild verfügt der Haltepunkt über keine nennenswerte Ausstattung. Mittlerweile legen auch die „Eilzüge“ bei ihrer zweiten Runde einen Halt hier ein.

Ein von 6002 geführter Zug passiert die Ausweichanschlussstelle Bahnbetriebswerk, in welcher Lok 6004 gerade rangiert. Im Hintergrund ist die noch nicht fertiggestellte Lok- und Wagenhalle zu sehen (Saisonbeginn 1997). Genau in Höhe des Zuges befindet sich heute der Bahnsteig des Haltepunktes.

Ausweichanschlussstelle Bahnbetriebswerk (km 1,8)

Das erste Fahrzeugdomizil entstand durch Umfunktionierung eines Gebäudes der Gesellschaft für Sport und Technik. Die ehemalige Liegehalle für Kinderwaldfahrten wurde zur Lok- und Wagenhalle umfunktioniert. Der Schuppen hatte zwei Gleise und eine 10 Meter lange Untersuchungsgrube. Zirka in den 60er Jahren ist ein drittes Abstellgleis neben dem Schuppen errichtet worden. Es wurde durch Schuppenanbauten ab 1991 sukzessive überdacht, beherbergte die Fahrzeuge des Fördervereins und seit 1994 die Dampflok und den gedeckten Personenwagen. 1966 konnte eine Tankstelle mit 4000 Litern Fassungsvermögen installiert werden. Büroräume befanden sich in einem Barackenbau unmittelbar neben dem Schuppen. Dieser verfügte jedoch über keinerlei Sanitäranlagen. Dieses Bw-Provisorium hielt sich bis Herbst 1996. Im Sommer 1994 wurden mehrere Brandanschläge auf das Gebäude verübt, bei denen glücklicherweise „nur“ Büroräume und Dokumente in Mitleidenschaft gezogen wurden.

An Wochenenden war das Ausrücken des langen Zuges immer ein kleines „Spektakel für die Fans“. Um Wagen 4 und 5 aus dem zweiten Gleis zu rangieren, mussten die Loks 6002 und 6004 Platz machen. Zumeist wurden sie dann tagsüber gleich im Freien ausgestellt. Im alten Schuppen war kein Meter Platz zuviel.
Bereits zum zweiten Mal binnen drei Jahren zeigt sich Lok 6003 im Frühjahr 1995 vollständig ausgeachst vor dem mittleren Schuppengleis aufgebockt. Eine Nutzung der Wagen 4 und 5 war in diesem Zeitraum unmöglich.

Der Traum vom „Lokpalast“ wird Wirklichkeit

Nach jahrelangen Planungen konnte 1996 mit dem Neubau des Bahnbetriebswerkes begonnen werden. Die alten Anlagen wurden vollständig abgebrochen und machten einer modernen Lok- und Wagenhalle mit Werkstatt Platz. Zur Verfügung stehen nun u.a. eine elektrisch betriebene Tankstelle und ein 3,5-Tonnen-Hallenkran. Ein großzügiger Sozialtrakt beherbergt u.a. Büros, Ausbildungs- und Veranstaltungsräume und das Kleiderlager. Im Innenhof entstand eine große Gartenbahnanlage.

Einige Etappen des Bw-Neubaus im Überblick: Links oben die alten Anlagen im letzten Zustand. Das dritte Gleis vollständig überdacht und mit Schuppentor gesichert. Die anderen drei Aufnahmen entstanden um den Jahreswechsel 1996/97.
Im Frühjahr 1997 kann bereits Richtfest gefeiert werden.
Das Bahnbetriebswerk der Parkeisenbahn sucht in Größe und Ausstattung auch nach 20 Jahren noch seinesgleichen. Altertümlich ist nur die Nasenuhr, sie stammt vom Bahnhof Neukirchen-Klaffenbach.
Im Innenhof des Bw-Komplexes entstand bereits ab Herbst 1997 eine sehenswerte Gartenbahnanlage. Durch zahlreiche Sach- und Geldspenden wurde die Anlage sukzessive erweitert. Sie ist von Mai bis September an Wochenenden in Betrieb.
Eine weitere Neuerung des Jahres 1994: Gleiserweiterung in der Awanst Bw. Bisher endete das Gleis in Höhe der 6004. Nun wurde an der Bw-Zufahrtsstraße ein Abstell- und Ladegleis errichtet, das beiderseits stumpf endet. Die erste Bauweise war recht rustikal mit „eckigen Kurven“. 1999 wurden diese Gleise überarbeitet.
Ebenfalls 1994 sollte ein viertes Gleis angebunden werden, hier liegt die Weiche bereits. Allerdings bewährte sich dies wohl nicht, sie wurde wenig später wieder ausgebaut.

Nach dem Haltepunkt geht die Strecke wieder ins Gefälle, das Einfahrsignal von Küchwaldwiese ist schon in Sicht. Zuvor müssen nochmals der Schaftreibeweg und die Küchwaldstraße gekreuzt werden.

Die Verlängerung der Küchwaldstraße als einer der Hauptzugänge zum Parkgelände ist seit 2015 durch eine Vollschranke gesichert. Teile der Anlage stammen vom 2011 erneuerten Bahnübergang Glösaer Straße (Strecke Riesa – Chemnitz), die Schrankenbäume aus Plauen. Das Denkmalamt sah durch die Schranke die Sichtachse zur Freilichtbühne beeinträchtigt, konnte aber wohl überzeugt werden. Das Einfahrsignal musste um einige Meter vorverlegt werden. Lok 6006 hat gleich wieder den Ausgangspunkt der Zugfahrt erreicht.

Betriebliche Besonderheiten, Feste und Veranstaltungen

Selbstverständlich kann hier keine vollständige Auflistung aller Feste und Besonderheiten dargestellt werden.

Eine vor allem politisch wichtige Veranstaltung war die Ausrichtung des VIII. Pioniertreffens der Pionierorganisation „Ernst Thälmann“ im August 1988. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen. Die Pioniereisenbahn hatte Beförderungshöchstleistungen zu erbringen. Eine zu diesem Anlass nochmals forcierte Streckenerweiterung um 1,7 Kilometer kam letztlich nicht zustande. Am Oberbaumaterial scheiterte es nicht, das lag schon großteils bereit.

1992 wurde erstmals seit vielen Jahren wieder ein Zweizugbetrieb durchgeführt. Beim 1. Parkbahnfest präsentierte der Förderverein u.a. die (äußerlich) frisch aufgearbeiteten Loks 6001 und 6004 sowie einige Güterloren. Darunter auch ein kleiner Kesselwagen, der auf dem Untergestell einer Feldbahndiesellok entstand. (Dieser wurde 1996 in einen Schottertransporter umgebaut.)

1994 stand ganz im Zeichen des 40-jährigen Jubiläums. Ein neuer geschlossener Reisezugwagen, eine Dampflok, eine zweite Schranke, Gleiserweiterungen im Bw – das sind nur die auffälligsten Neuerungen im Jubeljahr. Fahrzeugparaden mit dem gesamten Fuhrpark und Gastfahrzeugen sind seither eine feste Tradition. Das Parkbahnfest wurde jährlich im Juni durchgeführt, ehe die Stadt 1999 das „Pressefest“ reaktivierte.

Ein Maskottchen muss her

Auf einigen Publikationen war zwar 1993/94 schon ein gewisser „Parkbahn D.I.N.O.“ zu sehen, letztlich durchgesetzt hat sich dieser Urzeitgenosse als Aushängeschild aber nicht. Deshalb wurde im Herbst’96 ein Ideenwettbewerb ausgerufen. Die Freie Presse berichtete am 18. Oktober 1996 Folgendes:

Unter den vielen kreativen, teils recht skurrilen Vorschlägen hat sich bekanntermaßen die „Parkbahnmaus Klaus“ durchsetzen können, welche seit der Saison 1997 die Parkeisenbahn in der Öffentlichkeit repräsentiert. 1999 erhielt die Parkeisenbahn dann auch ihre eigene Hymne.

Wirklich immer nur in eine Richtung?

Ja, die Züge fahren immer nur in eine Richtung. Eine Ausnahme gab es aber doch: Da im Winter 1997/98 wieder umfangreiche Gleisbauarbeiten anstanden, konnte zum Nikolausfahrtag nur eine Teilstrecke befahren werden. Lok 6003 und die Dampflok pendelten mit drei Wagen in „Sandwichtraktion“ zwischen Tennisplätze und Küchwaldwiese via Awanst Bw.

Betriebliche Besonderheit: Ein Reisezug verlässt Küchwaldwiese in Richtung Bw am Nikolaustag 1997. Zumindest in den offenen Wagen scheint diese Kuriosität aber außer der Parkbahnmaus kein Fahrgast zu würdigen.

Ausrichter des Internationalen Feldbahntreffens (1999 und 2013)

Einmal pro Jahr treffen sich Feldbahninteressierte aus ganz Europa, um über das Thema zu fachsimpeln oder eigene Fahrzeuge zu präsentieren. Im Oktober 1999 fand dieses Treffen erstmals auf dem Gelände der Parkeisenbahn statt. 14 Jahre später gab es eine Wiederholung.

Einer der „Stars“ beider Feldbahntreffen war der Adler-Nachbau der Parkeisenbahn Görlitz. Das Fahrzeug wird durch einen Multicar-Motor im Tender angetrieben.
Ein Novum im Küchwald gab es beim 23. Internationalen Feldbahntreffen in 2013: Eine Henschel-Dampf-Doppelbespannung im Reisezugdienst. Die Brigadelok 1138 der Berliner Parkeisenbahn leistet Vorspann vor der altbewährten B 70. Der Gast kam in seinem knapp hundertjährigen Leben auch schon in Bulgarien zum Einsatz.
Die Mini-V 100 im Maßstab 1 : 2,4 vom Preßnitztalbahner Niels Reuter ist vom Original kaum zu unterscheiden. Da diese noch ohne eigenen Antrieb ist, muss der parkbahneigene „Bockwurstkessel“ Traktionshilfe leisten.
Auch einen Triebwagen sieht man im Küchwald nicht alle Tage. Das Gefährt Marke Eigenbau (Bj. 2011) zählt zum Fahrzeugpark von Manfred Schaibles Gartenbahn (MSGB) und hat gerade die Lehmkurve durchfahren.

Epilog – meine Zeit als Parkeisenbahner im Küchwald

Die intensive Beschäftigung mit dem Thema PEC in den vergangenen Tagen ließ viele Erinnerungen wieder aufleben, so auch die an meine eigene gut fünf Jahre währende Zeit als aktiver Parkeisenbahner. Spontan habe ich mich dazu entschlossen, diese beiden eher sachlich angelegten Beiträge zur Parkeisenbahn mit einigen persönlichen Eindrücken ausklingen zu lassen:

Zu den prägenden Eisenbahnerlebnissen in früher Kindheit zählten sicher auch die Besuche der nahe des Elternhauses gelegenen Pionier- bzw. Parkeisenbahn. In den Jahren ab 1993 war die Parkeisenbahn zu meiner zweiten Heimat geworden. Nicht nur, dass meine Eltern und Geschwister zu regelmäßigen Besuchen und Mitfahrten genötigt wurden (meinen Vater musste ich dazu wohl nicht überreden), auch aus Lego-Bausteinen wurden alle Fahrzeuge nachgebildet, jeder Zeitungsschnipsel über die Bahn, jede Postkarte und jedes andere Souvenir wurden gesammelt. Aber auch das war nicht genug, denn mit einem pedalbetriebenen Bobby-Car-Kindertraktor und zwei angehängten alten hölzernen Handwagen hatte ich mir (mithilfe des Vaters) meine eigene kleine „PEC“ erschaffen, mit welcher ich das kleine Schwesterchen oder den Nachbarskumpel durch die heimische Straße beförderte. Ein zweiter Traktor kam schnell hinzu, denn – na klar – es musste ja auch Zweizugbetrieb möglich sein, genau wie beim „großen“ Vorbild. Das Läutewerk, das Typhon und der V10C-Sound wurden selbstverständlich mündlich nachgeahmt (sehr zum Leidwesen mancher Nachbarn…). Die aus heutiger Sicht doch sehr verbesserungswürdige Lego-Parkeisenbahn wurde sogar vom Spielzeughändler Thate mit einem ersten Preis gekürt.

Die Nachbildung aus Legosteinen. Im großen Bild die Lok 6003 von 1993/94. Im kleinen Bild Lok 6002 und 6003 und die fünf Wagen. Deren Trittbretter entstanden aus längsseitig halbierten Eisstielen.

Doch irgendwann war man den kleinen Traktoren und den Legosteinen allmählich entwachsen und der nächste Schritt konnte nur sein, richtiger Parkeisenbahner zu werden! Zähes Warten war zunächst angesagt, denn 1993 war ich definitiv noch zu jung. Drei Jahre später war mein Interesse an der Parkbahn zwar längst nicht mehr so intensiv, doch im Juli 1996 sollte es (ein Jahr eher als allgemein üblich) endlich so weit sein. Die ersten Tage im Dienst waren besonders aufregend: Endlich selbst Fahrkarten kontrollieren, eine Lautsprecherdurchsage machen oder im Zugschaffnerabteil Platz nehmen. Eine kleine Enttäuschung gab es dennoch: Die eigene Uniform bekam man planmäßig erst zur Winterpause nach der theoretischen Grundausbildung überreicht. Doch auch hier sollte die Ausnahme wieder die Regel bestätigen: Ein Mitstreiter (heute u.a. Besitzer eines aktiven Sechsachsers aus LEW-Produktion) und ich erhielten nach einem „Mini-Test“ vom Bahnhofsleiter Mai die Uniform doch schon im Laufe der Fahrsaison 1996. Im Kleiderlager (damals noch im CVAG-Betriebshof an der Werner-Seelenbinder-Straße untergebracht) wurden am Folgetag passende Uniformen zusammengestellt (letztlich musste durch Umnähen nachgeholfen werden, ich war doch noch so klein ;). Die ersten Dienste in vollständiger Uniform – stolz wie Oskar – gaben der Sache nochmals Auftrieb.

Die Tätigkeit als Parkeisenbahner ist im Prinzip ein Ehrenamt, doch umsonst ist sie definitiv nicht. Nicht nur, dass man sich in den Sommerferien doch ein paar Mark verdienen konnte, die für uns kostenlosen (durch den Förderverein gesponserten) Exkursionen in den Winterferien, z.B. nach Nürnberg, München, Hamburg, Frankfurt/Main oder auch ins AW Chemnitz waren Lohn genug. (Mit dieser Einstellung war man aber wohl auch Ende der 1990er Jahre als Kind schon eher ein Sonderling, denn die meisten, religiös schon tiefer kapitalistisch orientierten Mitschüler kamen häufig als erstes mit der Frage: „Kriegt man das wenigstens bezahlt?“ um die Ecke. Solche Leute konnte man für die Parkeisenbahn natürlich nicht gewinnen, spätestens ab der fünften Klasse galt das im Mainstream als eine verdammt „uncoole Sache“.) Außerdem wurde einem durch Sommerfeste, Weihnachstfeiern und andere Versammlungen stets das Gefühl vermittelt, ernstgenommen zu werden und Teil eines großen Ganzen zu sein – eben eines Kollektivs – in meiner Zeit zum Glück schon ohne den politisch-ideologischen Überbau aus DDR-Zeiten.

Die Hauptrolle bei der ab und an abendlich eingelegten „Sandmännchenfahrt“ war dem jüngsten diensthabenden Parkbahner vorbehalten (links). Mitte: Die Eingangskontrolle der Fahrgäste war zumindest an verkehrsarmen Tagen eine eher dröge Aufgabe. Ein Schwatz mit dem Fahrkartenverkäufer sorgte für Kurzweil. Rechts: Aufstellung zum Gruppenfoto auf der frisch hauptuntersuchten 365 656 am Werksbahnsteig des AW Chemnitz (Februar 1997).

Doch, wie es im Leben häufig so ist: Routine entzaubert vieles! War für mich als Siebenjährigen noch jede Rangierbewegung vor dem Lokschuppen ein Spektakel, so gehörten doch eher monotone Arbeiten wie Fahrkarten zu lochen und Zugnummern in Zugmeldebücher einzutragen bald zum nüchternen Tagesgeschäft. Freilich, der tägliche Wechsel der Dienstposten bietet eine gewisse Abwechslung, doch mancher Arbeit fühlte ich mich als eher spätzündender Neun-, Zehn- oder auch Elfjähriger noch nicht so recht gewachsen. So war zum Beispiel die abendliche Abrechnung im Fahrkartenverauf oder das Handeln abseits der Norm (z.B. bei Sperrfahrten oder Blockstörungen als Fahrdienstleiter/Blockwärter etc.) für mich damals einfach „zu hoch“ und auch mit einer gewissen Versagensangst verbunden. Der Parkbahn verdanke ich u.a. die Erkenntnis, dass zwischen meinem Hobby Eisenbahn und dem Beruf des Eisenbahners doch ein paar wesentliche Unterschiede bestehen. Wochenenddienste sind auch bei der Parkeisenbahn nicht das größte Glück auf Erden, sondern eben auch eine, wenn auch vergleichsweise angenehme, Arbeit am Wochenende (Wer arbeitet schon gern am Wochenende?). Die Zeit bei der Parkeisenbahn war aber auch in anderer Weise eine gute Vorbereitung auf das spätere Erwachsensein. Man kommt mit vielen verschiedenen Menschen in Kontakt, eben dem breiten Spiegel der Gesellschaft, und das sowohl im Verhältnis Personal – Fahrgast/Kunde als auch unter Kollegen und Vorgesetzten: Da gibt es beispielsweise den ruhigen Sein-Ding-Macher und den laut-quäkenden Emporkömmling ohne viel Substanz dahinter, den Kumpeltyp und den Hinterhältigen, den altklugen Speichellecker und ab und an auch einen Kleptomanen … Zu meiner Zeit war die Frauenquote wohl auch gerade am historischen Tiefpunkt angelangt: Wenn ich recht erinnere, waren 1996 von insgesamt 72 Parkeisenbahnern offiziell nur zwei weiblichen Geschlechts. (Das kann aber nicht nur an mir gelegen haben…) Nichtsdestotrotz, man musste mit allen zurechtkommen und zusammenarbeiten – und das funktionierte auch! Die Verantwortlichen wussten (und wissen vermutlich auch noch heute) mit einer gesunden Mischung aus Autorität und Empathie den heterogenen Kinderhaufen zu disziplinieren. Ordnung und Disziplin sind im Eisenbahnbetrieb freilich unerlässlich.

Lange Rede, kurzer Sinn: Nach gut fünf Jahren war mein Bedarf am Parkeisenbahnerdasein zum Jahreswechsel 2001/02 mehr als befriedigt. Ich blicke mit reichlich Abstand gern auf diese Zeit zurück. Heute, gut anderthalb Jahrzehnte später, wo schon mehrere nachfolgende Parkbahner-Generationen ihren Dienst verrichtet haben und die meisten Altvorderen von damals nicht mehr da sind. Die Parkeisenbahn war und ist eine tolle Freizeiteinrichtung! Ich wünsche ihr und den dort Aktiven allzeit gute Fahrt und widme allen ehemaligen und jetzigen Parkeisenbahnern und Parkeisenbahnerinnen diese beiden Beiträge.

M. Bergelt

© 2017, 2019 MBC

Fotos: Siegfried Bergelt/SBC, MBC

Literatur:

Beyer, Gerhard (2017): Vom Küchenwald des Klosters zum Küchwald-Park der Stadt. In: Chemnitzer Roland. Heft-Nr. 69 (24. Jahrg.). S.16-21.

Martin, Michael (1996): Die Pionier- und Parkeisenbahn Chemnitz und ihre Lokomotiven. Gesamtherstellung Michael Martin, Chemnitz.

Parkeisenbahn Chemnitz (Hrsg.) (2004): „50 Jahre zwischen Dampf und Diesel“ Geschichte und Geschichten aus einem halben Jahrhundert Parkeisenbahn Chemnitz. Verlag Paarmann Printmedien.

Offizielle Webpräsenz: http://www.parkeisenbahn-chemnitz.de/

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2 Antworten

  1. Dieter Kuhnert sagt:

    Mit dem Bau der Gartenbahnanlage im Innenhof des Bahnbetriebswerkes der PEC begannen wir im Gegensatz zur Bildunterschrift schon im Herbst 1997. Anlässlich der Hallenübergabe Ende Oktober 1997 konnten wir mit geborgtem Material (Bahnhofsgebäude von der AG Mitte, Gleise und Fahrzeuge sowie Fahrregler aus privaten Beständen der Gartenbahnfreunde) einen ersten Fahrbetrieb in Form einer Stichstrecke ab dem heutigen Bahnhof „Goldbach“ vorführen. DAs diente der Werbung für unser Vorhaben des Aufbaus einer Gartenbahnanlage und dem Sammeln von Geld- und Materialspenden. Diese Aktion hat tatsächlich geholfen und in der Folgezeit erreichten uns Sach- und Geldspenden für den Aufbau. Ich gehöre zu den ersten Mitstreitern und kann bei Bedarf sicher noch Einiges aus den Anfangsjahren berichten. Hier möchte ich jedoch auf eine Veröffentlichung im „Chemnitzer Roland“ Heft 1/2023 verweisen, wo ich anläßlich des 25-jährigen Bestehens der Gartenbahn einen Beitrag in Wort und Bild einstellen konnte.

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